Syrien: Kleine Gegeninfo zur Kriegspropaganda

Dienstag, 12. Juni 2012




(zas, 12.6.12) Es ist oft gefährlich, einfach die linear abgeleitete Gegenposition zum Mainstream einzunehmen: Westen gegen Iran? – Ayatollah gut! NATO bombardiert Libyen? – Ghaddafi Freiheitskämpfer! Das ist eine Sache. Eine ganz andere aber wäre es, den imperialistischen Kriegsgurgeln hinterher zu laufen und ihre Darstellung der Ereignisse etwa in Syrien einfach zu verinnerlichen. Welche Konfliktdynamiken dort auch immer wirken, ihre Darstellung und Manipulation in und durch die globalen Machtzentren geht eindeutig in Richtung Generalisierung und Verschärfung des imperialistischen Krieges rund um den Globus. Eine neue Runde darin ist mit dem Massaker von Hula mit offenbar etwa 100 Toten, ein Drittel Kinder, vom 25. Mai eingeleitet worden. Mit den üblichen Schemata wird über die Tage verankert, dass die Assad-Regierung für dieses und folgende Massaker verantwortlich sei. Der UNO-Menschenrechtsrat verurteilte schon mal die syrische Regierung dafür. Ohne seriöse Untersuchung, von unabhängiger Quelle. Dies wäre zentral, aber illusorisch, da etwa die Person des Chefs der UNO-Mission in Syrien wenig vertrauenserweckend ist. General Robert Mood war immerhin Generalinspektor der norwegischen NATO-Armee gewesen, hatte in den USA mehrmals eine militärische Spezialausbildung genossen und hatte zwei Jahre im Kosovo „gedient“. Erinnern wir uns an das schlimme Massaker von Racak 1999, das während Monaten die „Weltpresse“ bewegte und propagandistisch die heisse Phase des NATO-Kriegs im Balkan eingeläutet hat – es hat erwiesenermassen nie stattgefunden.
Wer in Hula und anderswo massakriert, entzieht sich unserer Kenntnis. Es gab schon einige Informationen, die auf eine Täterschaft aus „oppositionellen“ Kreisen verwiesen, etwa seitens der Vatikanagentur Fides. Das Problem bei ihrer Meldung: Sie war derart vom Geist der Konfessionalisierung getränkt (Christen als Opfer des islamischen Fundamentalismus) und ungenau, dass ihr sonstiger Realitätsgehalt nicht einfach als gegeben hingenommen werden konnte.
Letzten Donnerstag hat nun die Frankfurter Allgemeine Zeitung im Artikel „Abermals Massaker in Syrien“ ihres Syrienkorrespondenten eine Darstellung der Autorschaft des Massakers veröffentlicht, die der gewohnten Zuordnung der Verantwortlichkeiten diametral widerspricht. Siehe Auszug unten. Warum die FAZ das tat, wäre interessant zu wissen. Aus Formulierungen im Artikel ergibt sich, dass die auf Hula-bezogenen Aussagen offenbar schon etwa eine Woche früher verfasst worden sind.  Ob sie zutreffen, wissen wir nicht. Dass diese Informationen aber fast überhaupt nicht thematisiert werden, spricht hingegen Bände über den in den Medien reflektierten Entschluss zum „Bürgerkrieg“ via Golfstaaten etc.
Eine Entwicklung, die global bedrohlich ist.
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 http://www.faz.net/aktuell/politik/neue-erkenntnisse-zu-getoeteten-von-hula-abermals-massaker-in-syrien-11776496.html
Neue Erkenntnisse zu Getöteten von Hula Abermals Massaker in Syrien
07.06.2012 · 
Von Rainer Hermann, Damaskus
Das Massaker von Hula hatte sich nach dem Freitagsgebet ereignet. Die Kämpfe setzten ein, als sunnitische Rebellen die drei Straßenkontrollen der syrischen Armee um Hula herum angriffen. Die Kontrollpunkte haben die Aufgabe, die alawitischen Dörfer um das überwiegend sunnitische Hula vor Anschlägen zu schützen.
Eine angegriffene Straßenkontrolle rief Einheiten der syrischen Armee zu Hilfe, die 1500 Meter entfernt eine Kaserne unterhält und umgehend Verstärkung schickte. Bei den Kämpfen um Hula, die 90 Minuten gedauert haben sollen, wurden Dutzende Soldaten und Rebellen getötet. Während der Kämpfe waren die drei Dörfer von Hula von der Außenwelt abgeriegelt.
Nach Angaben der Augenzeugen habe sich das Massaker in dieser Zeit ereignet. Getötet worden seien nahezu ausschließlich Familien der alawitischen und schiitischen Minderheit Hulas, dessen Bevölkerung zu mehr als neunzig Prozent Sunniten sind. So wurden mehrere Dutzend Mitglieder einer Familie abgeschlachtet, die in den vergangenen Jahren vom sunnitischen zum schiitischen Islam übergetreten sei. Getötet wurden ferner Mitglieder der alawitischen Familie Shomaliya und die Familie eines sunnitischen Parlamentsabgeordneten, weil dieser als Kollaborateur galt. Unmittelbar nach dem Massaker hätten die Täter ihre Opfer gefilmt, sie als sunnitische Opfer ausgegeben und die Videos über Internet verbreitet. Vertreter der syrischen Regierung bestätigten zwar diese Version, verwiesen aber darauf, dass sich die Regierung verpflichtet habe, öffentlich nicht von Alawiten und Sunniten zu sprechen. Staatspräsident Baschar al Assad gehört den Alawiten an, die Opposition wird überwiegend von der sunnitischen Bevölkerungsmehrheit getragen.