Honduras: Der Verrat hat begonnen

Samstag, 22. Januar 2022

 

Am 27. dieses Monats soll Xiomara als Präsidentin von Honduras vereidigt werden. Ende November wählte eine grosse Mehrheit die Parteienkoalition um Libre, deren Kandidatin Xiomara war, und setzte damit einen Schlussstrich unter die kriminellen, durch den von den USA mitgetragenen Armeeputsch von 2009 gegen die linke Regierung unter Mel Zelaya ausgelösten Regimes. Dass die bisherige Diktatur jetzt den Wahlsieg von Xiomara schluckte, hatte einerseits mit ihrem krassen Vorsprung auf den Regimekandidaten und ihrer klaren Popularität, sprich der Entschlossenheit vieler Menschen, «jetzt oder nie» die Diktatur zu beenden, zu tun, andererseits mit den Interessen Washingtons, das dieses Mal nicht bereit war, einen blutigen Wahlbetrug gutzuheissen abzudecken (s. dazu Honduranische Träume von Dana Frank). 

 

Xiomara Castro verliest Erklärung gegen den Verrat.


Gestern nun der erste konterrevolutionäre Paukenschlag. 20 der 50 Abgeordneten von Libre gaben im frisch gewählten Parlament gaben ihre Stimme für den neuen (provisorischen) Parlamentspräsidenten zugunsten eines ihrer Mitglieder ab, mit der Begründung, als stärkste Partei müsse Libre den Präsidenten stellen und nicht die in den Wahlen alliierte Partei des rechts-zentristischen Salvador Nasralla (10 % der Stimmen im November). Hintergrund: In den Koalitionsverhandlungen war der Partei Nasrallas bei einem Sieg von Libre mit Xiomara und im Parlament der Parlamentsvorsitz zugesichert worden. Xiomara und ihr Gatte, der 2009 gestürzte Präsident und heutige Chef von Libre, wollten sich an diese Vereinbarung halten, eingedenk des Umstandes, dass es gegen das diktatorische Regime einer breiten Allianz bedurfte.

Im Parlament kam es bei der Vereidigung des von der Rechten mit den 20 Stimmen der Abtrünnigen gewählten Parlamentspräsidenten Jorge Cálix (Libre) zu einer Schlägerei zwischen Libre-Abgeordneten.  Schon vorher sprach Libre in einem Communiqué von «einem konterrevolutionären Verrat an der Partei und am honduranischen Volk, das die Narkodiktadur des Partido Nacional am 28. November besiegt hat, einem Verrat am politischen Projekt der Neugründung der Heimat, begangen mit dem Versuch, morgen den Plan der vom [abtretenden Präsidenten] geleiteten korrupten Elite». Xiomara Castro hatte ihrerseits angekündigt, sich von keinem Verräter vereidigen zu lassen. Sie wird den Amtseid vor einer Richterin und wahrscheinlich zehntausenden von Menschen im Sportstadion ablegen.

Prügel für die VerräterInnen

Libre setzt also auf die Mobilisierung. Nur so lässt sich in den Augen der AktivistInnen die angelaufene Restauration bekämpfen. Mit der Spaltung jetzt hat Libre rein institutionell nur noch geringe Chancen, reale Veränderungen anzustossen.

Interessanterweise hat US-Vizepräsidentin Kamala Harris laut einer Mitteilung von Libre-Mitgliedern ihre Präsenz an der Vereidigung von Xiomara Castro wegen der unsicheren Lage in Frage gestellt. Die Frage stellt sich, ob dabei neben Sicherheitsbedenken auch die Absicht mitspielt, eine Regierung Xiomara Castro noch weiter zu schwächen und damit gefügig zu machen. Wäre dem so, dürfte das eher ein Eigentor werden: aus Libre ist schon zu hören, dass Xi Jing Ping bestimmt teilnehmen werde.

Über Jorge Cálix, den provisorischen Parlamentspräsidenten, ist Schlechtes zu hören. Ein honduranischer Compañero sagte, seine Familie sei seit langem in undurchsichtige Geschäfte mit Leuten der abtretenden Regierungspartei verwickelt, selber habe er sich als Anhänger des salvadorianischen Präsidenten Nayib Bukele profiliert. Mit dieser Präferenz ist er allerdings nicht allein in Libre, auch Personen aus der Entourage von Xiomara Castro ticken in diese Richtung. Immerhin hat Libre – in der Tradition des Strassenwiderstands gegen den Putsch als Frente Nacional de Resistencia Popular und danach als Libre gegen die Wahlfälschungen – jetzt den Kampf aufgenommen.