Arbeiter in Venezuela wollen mehr Rechte
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Großdemonstration der Gewerkschaft UNETE in Caracas gegen Blockade neuer Arbeitsgesetze. Konflikt mit Bürokratie in Betrieben
Caracas. Mehrere tausend Gewerkschaftsmitglieder haben in Venezuela am Dienstag für ein neues Arbeitsgesetz demonstriert. Mehrere Stunden lang zog der Protestzug durch das Stadtzentrum von Caracas. Die Route führte zur Nationalversammlung und zum Sitz des Vizepräsidenten Elías Jaua. Am Parlament sprach im Anschluss eine der nationalen Vorsitzenden der Gewerkschaft Union Nacional de Trabajadores (UNETE), Marcela Maspero, und überreichte den Abgeordneten auch ein Dokument mit Forderungen der Gewerkschaften. Wenige hundert Meter entfernt kam eine Delegation der Demonstranten im Amtssitz des Vizepräsidenten mit der für die nationalisierten Betriebe zuständigen Regierungskommission zusammen.Die UNETE, die auch als Dachverband weiterer kleinerer linker Gewerkschaften fungiert, hatte zu dem Marsch aufgerufen. Sie fordert nun von der Nationalversammlung, dass sie mit ihrer noch bis Anfang Januar vorhandenen Zwei-Drittel-Mehrheit das neue Arbeitsgesetz verabschiedet, das seit nunmehr sieben Jahren debattiert wird. Arbeiterkontrolle und Arbeiterräte in Unternehmen sollen gesetzlich absichert werden, so die Forderung. Die Zeit dafür ist knapp: Im Januar wird die neue Nationalversammlung konstituiert, in der die regierende Vereinte Sozialistische Partei keine entsprechende Mehrheit mehr hat.
Die Demonstranten betonten ihre Unterstützung für die Nationalisierungen privater Unternehmen. Zugleich wiesen sie darauf hin, dass der Ausbau der Arbeiterkontrolle in den nationalisierten Unternehmen sich nicht entwickelt. Aus dem Zentrum der Schwerindustrie in Cuidad Guyana (Bundestaat Bolivar), der staatlichen Lebensmittelkette Mercal, aus Lebensmittel produzierenden Betrieben und aus anderen Bereichen werden Konflikte zwischen Belegschaften und neu eingesetzten Unternehmensleitungen berichtet.
Die gewerkschaftlich organisierten Demonstranten reagierten sichtlich ungehalten auf die Blockade des Gesetzes. Die Nationalversammlung, so hieß es, habe die ihr zur Verfügung stehende Zeit und ihre Regierungsmehrheit nicht ausreichend genutzt, um die Rechte der Arbeiterschaft verfassungsrechtlich und gesetzlich zu stärken. "La ley del trabajo la tienen secuestrada, la clase obrera la quiere liberada", skandierten die Menschen: "Das Arbeitsgesetz ist gekidnappt worden, die Arbeiterklasse will es befreit haben". Auch eine andere Losung war eindrücklich: "Ni Burocracia, ni Capital – Socialismo y más Revolución", hörte man in der Innenstadt von Caracas: "Weder Bürokratie noch Kapital – Sozialismus und mehr Revolution". In dem zentralen Aufruf und auf einem Transparent der UNETE wurde die letztere Parole mit einer Mahnung ergänzt. "Mehr Revolution" sei der "Schlüssel" für die Wiederwahl des amtierenden Präsidenten Hugo Chávez im Jahr 2012.
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