„Das ist äusserst besorgniserregend. Vorallem in einem Land, das die gleichen Bedingungen durchlebt hat, wie sie die Venezolaner heute haben, vor mehr als dreissig Jahren. Wir mussten die Welt um Hilfe angehen. Denn die Menschenrechte stellen die einzige Materie dar, bei der das Argument der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten eines Landes nicht gilt. Die Menschenrechte werden alle verteidigt, überall auf der Welt. Uruguay hatte gewarnt und hat am Gipfel der Unasur Stellung genommen.“
(zas, 10.4.15) Wer vor wenigen Tagen so sprach,
ist Rodolfo Nin Novoa, Aussenminister in der neuen uruguayischen Regierung von
Tabaré Vázquez. Der Herr bezog sich auf politische Gefangene in Venezuela wie die
früheren Putschisten Leopoldo López oder Antonio Ledezma. López, Chef der
Ultrapartei Voluntad Popular, sitzt,
weil er vor mehr als einem Jahr eine der entscheidenden Figuren beim Versuch
war, die Regierung Maduro zu stürzen; Ledezma, bis vor kurzem Oberbürgermeister
von Caracas, wegen, so die venezolanische Regierung, Belegen für seine massgebliche
Rolle bei einem letzten Februar knapp verhinderten
neuen Putschversuch. Nin Novoa gab an, am letzten Gipfel der
südamerikanischen Staatengemeinschaft Unasur einsam darauf gedrungen zu haben,
das IKRK in Venezuela einzusetzen. Er insinuierte damit einen Kriegszustand in
Venezuela.
Dass Nin Novoa, der unter der letzten Präsidentschaft von
Taberé Vázquez (2005 – 2010) als Vizepräsident amtiert hat, diese Erklärung
wenige Tage vor dem heute beginnenden Amerikagipfel in Panamá machte, ist
bestimmt kein Zufall.
Nin Novoa und Tabaré Vázquez |
Obama musste angesichts des extrem breiten Widerstands nicht
nur in Lateinamerika gegen seine am 9. März 2015 erlassene Präsidialorder,
wonach Venezuela eine „aussergewöhnliche Bedrohung“ der national security der USA sei, zurückkrebsen. Die Unasur, die
lateinamerikanisch-karibische Staatengemeinschaft Celac, das Alba-Bündnis, aber
etwa auch die Länder der G77+China hatten von Washington die Rücknahme dieser
Eskalationsorder gefordert. Vor zwei Tagen teilte Benjamin J. Rhodes vom National Security Council dann kleinlaut
mit: „Die USA denken nicht, dass
Venezuela eine Bedrohung unserer nationalen Sicherheit darstellt.“ Washington sah sich zu diesem Schritt
gezwungen, sollte der Gipfel in Panama nicht zum Fiasko für die USA werden. Dies
soll es nun den USA und ihren Kräften ermöglichen, im Gegenzug Venezuela (und
Kuba) unter Druck zu setzen. Der Gipfel und seine „zivilgesellschaftlichen“ Paralleltreffen
werden von der OAS ausgerichtet. Für die „zivilgesellschaftlichen“ Treffen hat
sie insbesondere im Fall von Kuba, aber auch von Venezuela, rechtsextreme
Delegationen akkreditiert, aber kaum linke. Am offiziellen Gipfel werden
möglicherweise Figuren wie Nin Novoa vorgeschickt, um doch noch etwas Druck
gegen Venezuela aufzubauen.
Bemerkenswert ist, dass der Mann Aussenminister einer
angeblich linken Regierung ist. Offenbar sollen er und vielleicht noch andere
seines Politschlages eine öffentlich wirksame Rolle bei der weiteren Offensive
gegen das „andere“ Lateinamerika spielen. Tabaré Vázquez hatte sich zwar schon
in seiner ersten Präsidentschaft als alles andere als Sozialist geoutet, wurde
aber erneut vom linken Frente Amplio aufgestellt. Offenbar ist die Politik der
Freundschaft mit Venezuela des populären bisherigen Staatspräsidenten Pepe
Mujica in Uruguay beendet. Doch auch Mujica betrieb eine in vielem konservative
Politik. Besonders übel etwa der lange geheim gehaltene Beitritt Uruguays zu
den USA/EU-etc.—Geheimverhandlungen über das Dienstleistungsabkommen Abkommen
TISA.