Washington/Brasilia: Mehr Brände im Regenwald

Montag, 16. September 2019


(zas, 16.9.19) Am letzten 13. September konkretisierten die Aussenminister der USA und Brasiliens, Mike Pompeo und Ernesto Araújo, in Washington ein letzten März von Trump und Bolsonaro angekündigtes Vorhaben mit weitrechenden Konsequenzen. Araújo, wie Trump & Co. ein konsequenter «Klimaleugner», meinte an der gemeinsamen Pressekonferenz zur Vorstellung dieses Plans:

«Wir wollen im Unterfangen, Entwicklung für das Amazonas-Gebiet zu schaffen, zusammenspannen. Wir sind überzeugt, nur so kann der Wald gerettet werden. Also brauchen wir neue Initiativen, neue produktive Initiativen, die Jobs schaffen, Einkommen für die Leute im Amazonas, und dafür wird die Partnerschaft mit den USA für uns sehr wichtig sein.»

Pompeo präzisierte:

«Wir starten einen elfjährigen $ 100-Millioneninvestitionsfonds für die Erhaltung der Amazonas-Biodiversität, und dieses Projekt wird vom Privatsektor geleitet werden.»

«Erstaunlicherweise» wird dieser Plan in den Medien, die sonst die Wohltaten der Privatinitiative nicht genug besingen können, sehr klein geschrieben – zu sehr beleuchten die fürchterlichen Brände im Amazonas (und in den Savannen des Cerrado) die Folgen besagter Wohltätigkeit.
Die US-Pro-Regenwald-Organisation Amazon Watch veröffentlichte letzten April den Bericht Complicity in Destruction II. Im Zusammenhang mit der unter Bolsonaro massiv intensivierten Zerstörung des Regenwaldes und der Vertreibung der Indigenen hält sie deren Zielsetzung fest: neues Agrarland für Viehzucht und Sojabohnen. Brasilien ist der weltgrösste Exporteur von Soja und Rindfleisch, insbesondere nach China und in die EU.  Ein Riesenbusiness. Die brasilianische Soja kontrollieren die beiden Agrargiganten Archers Daniel Midland (ADM) und Bunge. Deren Grossaktionäre sind Fonds wie Vanguard, State Farm, Blackrock, State Street und T. Rowe Price. Kredite erhalten ADM und Bunge vor allem von BNP Paribas, JP Morgan, Barclays, Bank of America und Citigroup.
Die grossen brasilianischen Rindfleischmultis JBS, Marfig und Minerva stehen wie ihre Kollegen von der Sojafront ebenso hinter den grileiros, den oft genannten «Bauern», die den Wald brandroden und das Terrain anschliessend von korrupten Behörden als «Brachland» überschrieben bekommen, worauf sie es an die Multis und andere Grossgrundbesitzer verkaufen. Auch in die Fleischmultis, hält Amazon Watch fest, fliessen Investitionen von internationalen Fonds. JBS etwa erhielt Geld von Capital Group, BlackRock, Fidelity Investments und Vanguard, zusätzlich von Mitteln von Santander, JP Morgan und Barclays – alles in den gängigen Wirtschaftsredaktionen ehrerbietig genannte Namen. 

Am 27. August 2019 veröffentlichte The Intercept den Artikel A Top Financier of Trump and McConell is a Driving Force Behind Amazon Deforestation von Ryan Grim. Danach haben zwei vom US-Investmentfonds Blackstone von Stephen Schwarzman kontrollierte brasilianische Unternehmen

«die Kontrolle über Land errungen, haben es entwaldet und geholfen, eine umstrittenen Autobahn zu ihrem neuen Hafen im ehemaligen Dschungel zu bauen, um Anbau und Export von Getreide und Sojabohnen zu erleichtern. Das Verschiffungsterminal in Mirituba, tief im brasilianischen Amazonas im Staat Pará, erlaubt es Pflanzern, ihre Sojabohnen auf Lastkähne zu verladen und sie zu einem grösseren Hafen zu transportieren, von wo sie in die Welt verschickt werden (…) Hidrovias [eines der beiden Blackstone-Unternehmen] kündete Anfang 2016 an, dass sie bald Soja aus dem Staat Mato Grosso über den Highway B.R.-163 transportieren würden. Die Strasse war damals noch kaum geteert. Im Frühjahr von 2019 kündete die Regierung von Jair Bolsonaro an, dass Hidrovias Partner bei der Privatisierung und Entwicklung von hunderten von Meilen der B.R.-163 sein würde. Der Strassenbau selber bewirkt Abholzung, aber wichtiger ist, dass sie zu der weiteren Transformation des Amazonas von Urwald in Ackerland beiträgt (…) ‘Zwischen 2004 und 2013 ging die Abholzung im Amazonas insgesamt zurück, ausser 2005, aber sie nahm in der Gegend um die B.R.-163 zu’, schrieb die Financial Times im September 2017. Dies führte zu Aktionen der indigenen WaldverteidigerInnen. Letzten März gab Hidrovias zu, dass ihr Geschäft wegen der zunehmenden Blockaden der B. R.-163 zurückgegangen sei, weil die Leute ihre Körper gegen die Zerstörung einsetzten. Aber das Unternehmen will weitergehen. Es sagte kürzlich, dass es dank der grossen Investitionen plane, seine Kapazität der Getreideverladung auf 13 Millionen Tonnen auszuweiten.»
Auf der B.R.-163. Bild: Intercept.

 Wir müssen den Amazonas-«Entwicklungsplan» unter Leitung der Multis natürlich im geschilderten Licht sehen. (Ach so: Schwarzman gehört zu den Grossfinanciers von Trump und Senatsführer McConell.)  Und wir verstehen auch, warum die Medien die Verbrechensplanung Washington/Brasilia klein schreiben. Freihandel sei vor!