Bolivien: el pueblo unido…

Montag, 19. Oktober 2020

 

(zas, 19.10.20) Wunderbar! Nach vorläufigen Schnellauszählungen des MAS und zweier Umfrageinstitute (oder Exit Polls, die Quellen widersprechen sich) haben Luis Arce und sein Vize David Choquehanca die Präsidentschaftswahlen klar für sich entschieden. Selbst die Putschpräsidentin Jeanine Áñez und Tuto Quiroga, ein Ex-Präsident und Schlachtross im Dienst des State Departments, haben Arce schon gratuliert. Das Wahlgericht ist jetzt an der offiziellen Auszählung, deren Ergebnis noch Tage auf sich warten lassen dürfte. 

Vom Hauptkonkurrenten auf Seiten der Rechten, Carlos Mesa, vom Faschistenführer Camacho in Santa Cruz und vor allem von Seiten Washingtons (und damit der OAS) und der Militärs liegen noch keine Stellungsnahmen vor. Dennoch scheint es angesichts des grossen Vorsprungs des MAS und der Anerkennung der Resultate durch Figuren wie Áñez und in grossen Medien unwahrscheinlich, dass dieses Resultat weggezaubert wird. Schon beim Putsch letzten Jahres gegen Evo Morales war klar, dass die Rechte bei einem Resultat von 50 % oder mehr für das MAS stillgehalten hätte.

Nach Mitteilung einer MAS-Genossin hat ihre Partei auch im Parlament die Mehrheit erreicht.

In digitalen Medien kursierten diese Nacht Videos wie jenes, das angeblich zeigt, wie die Polizei Mitglieder des MAS mit Aktenkopien bei Verlassen eines Wahllokals verhaftet. Das Putschregime hatte einen mehrtägigen Ausnahmezustand mit massiver Armeepräsenz auf den Strassen angeordnet; in vielen Wahllokalen waren die Militärs mit deutlich einschüchternder Haltung präsent. Eppur si muove – und die Leute wählten die Hoffnung. 


In den Wahllokalen von Yacapani resp. Buenavista im Departement Santa Cruz. Fotos: Telesur

Die Absage von letztem Samstag der Schnellauszählung durch die Wahlbehörde wegen «gerade entdeckter» technischer Mängel ist ein klarer Hinweis auf einen Betrugsplan. Zuerst sollten die Resultate in der Schnellauszählung nur auf Ebene Wahllokal, nicht wie bisher auf Ebene Wahltische, veröffentlicht werden, und dies neu in einem Format, das das Downloaden der Daten in Excel-Format nicht erlauben würde (s. CEPR). Der Grund dafür: Die detaillierte Veröffentlichung der Resultate im Oktober 2019 unter Evo Morales erlaubte es, die OAS-Lüge von Evos Wahlbetrug zu widerlegen (s. dazu Mark Weisbrot auf dt.). Die nun «entdeckten» technischen Mängel an der zuvor vom Wahlgericht hoch gelobten neuen Schnellauszählsoftware sind wohl auf die damit provozierte verbreitete Kritik, auch von UNDP-Leuten, zurückzuführen. Bei der offiziellen Auszählung werden Akten genutzt, die zuvor einzig in Obhut von Armee und Polizei sind. Wahlgerichtspräsident Salvador Romero ist nicht nur ein persönlicher Freund des rechten Hauptkandidaten Carlos Mesa, sondern hatte das Büro des National Democratic Institute (NDI), ein Tentakel des State Departments, im Nachputsch-Honduras von 2011 bis 2014 geleitet. In einem von Wikileaks veröffentlichten Kabel der US-Botschaft in La Paz wird er als als Autor von damaligen Wahlbetrugsvorwürfen gegen das MAS und Planer von damit zusammenhängenden Gewaltakten gewürdigt.

Das Ausmass des MAS-Sieges dürfte jetzt von der OAS gedeckte mutmassliche Betrugsvorhaben scheitern lassen. Wir werden sehen.

Falls Arce und Choquehuanca wirklich die Regierung antreten, wird dies in einem Land mit enormer Zerrüttung sein. Arce, ein wohl keynesianischer Ökonom, vertritt die «gemässigte» Tendenz im MAS, während David Choquehuanca der indigenen Bewegung sehr viel näher steht. Aber heute herrscht grosse Freude. Denn die unglaublichen indigenen Mobilisierungen der vergangenen Monate, der Wunsch offenbar auch in Mittelschichten nach einem Ende des faschistisch-neoliberalen Regimes bedeuten in Bolivien die Rückkehr zur Anerkennung der Würde derer unten. Und sie nähren die Hoffnung in einem brutal angegriffenen Kontinent. Wunderbar!

Für weitere Information: Der Live-Blog von CEPR und amerika21.de.