El Salvador: Faschistisches normalisieren

Sonntag, 6. Februar 2022

 «Es ist ihnen egal, ihren Familien Schaden zuzufügen. Wenn sie sich versteckt hat, werden wir halt ihre Angehörigen vorladen.» Caleb Navarro, Bukele-Abgeordneter.

 

(zas, 6.2.22) In El Salvador hat der Bukele-Clan eine parlamentarische «Untersuchungskommission» zum Thema von Geldzuweisungen an NGOs, kirchliche Institutionen, Universitäten u. a. durch frühere Parlamente in Abstimmung mit dem Finanzministerium installiert. Das Ganze ist ein Riesenschwindel. Ins Visier geraten seit Monaten ausschliesslich Institutionen, die mit der heutigen Opposition verbunden sind. Die Mitglieder dieser Kommission glänzen mit Unbedarftheit und Unkenntnis auch nur der einfachsten Parlamentsregeln. Vor wenigen Tagen versuchten sie ihr Glück mit Andreu Oliva, dem Rektor der Jesuitenuni UCA, die seit Kriegsende staatliche Gelder für die Durchführung von Bildungsaufgaben ausserhalb ihrer Universität erhalten hat. In distinguierter Weise wies der Mann die Versuche, eine schnöde UCA-Bereicherung auf Kosten des armen Volkes zu behaupten, deutlich und überlegen zurück. So, dass jetzt schon der Begriff ignoratorio statt interrogatorio (Verhör) zirkuliert, gemeint, dass das von der Bukele-Fraktion angestrebte «Verhör des Kriminellen» zur selbstdemaskierenden Zurschaustellung der eigenen Inkompetenz geworden ist. Die gleiche Erfahrung musste das Regime schon bei früheren «Befragungen» von FMLN-ExponentInnen machen, etwa jener der ehemaligen Parlamentspräsidentin Lorena Peña, die mit ihrer Unbeugsamkeit und geistreichen den Kampfgeist in den linken Reihen gestärkt hat, wie er sich danach in den ersten grossen Demonstrationen materialisierte. Ähnliches gilt auch für Oliva. Bezeichnend ein Video von seiner Ankunft in der UCA nach dem ignoratorio, wo er von begeisterten MitarbeiterInnen und StudentInnen herzlich empfangen wurde. Das sind wichtige psychologische Momente; sie dürfen aber nicht falsch interpretiert werden. Es ist sehr wahrscheinlich, dass auch den Verlauf dieses ignoratorio nur ein kleinerer Teil der Bevölkerung mitschneidet. Viele andere werden im zurechtgeschnittenen zweieinhalbminütigen Tiktok-Video nur sehen, wie wacker sich die Bukelistas den «ewig gleichen Profiteuren» der Volksarmut entgegengestellt haben. (Nicht so unähnlich die Dynamik in der Schweiz, wenn sich jetzt laut Meinungsumfragen ein Scheitern der Medienhilfe an der Urne abzeichnet. Viele lassen sich gerne vom Slogan der Medienmillionäre: «Keine Millionen für die Medienmillionäre» leiten, die damit den noch nicht monopolisierten Teil des regionalen Medienmarkts übernahmereif schiessen.)

Kein Triumphalismus also, keine Kantersiege, aber kleine, symbolisch wirksame Stärkungen des Widerstands.

Dass der Bukele-Clan jetzt auch die bekannte Jesuitenuniversität in die Nähe einer «Scheinorganisation» rücken will, wie er das mit NGOs der und sozialen Organisationen des Widerstands schon macht, um sie abzuwürgen und später zu verbieten – Beispiel die Frauenorganisation Mélidas – steht für seinen Willen zur Vernichtung von allem, was ihm nicht zudient.

Ein besonders widerliches Beispiel dafür liefert Caleb Navarro, Mitglied der besagten Kommission. Sie hatte auch die ehemalige FMLN-Bürgermeisterin der Vorortgemeinde Ayutuxtepeque, Blanca Flor Bonilla, zum Verhör vorgeladen. Sie sollte sich den Anschuldigungen Bukeles gegen die linke NGO Procomes stellen, deren Leiterin sie eine Weile gewesen war. (Procomes gehört zu jenen Organisationen, die auf Geheiss der illegitimen Generalstaatsanwaltschaft durchsucht worden war, s. Verschwundene, Cyberzauber und Widerstand, Correos 202, Januar 2022). Sie schrieb der Kommission knapp vor dem Termin, sie habe nur aus den Social Media von der Vorladung erfahren und befände sich im Ausland (auch sie gehört zu den zahlreichen FMLN-Leuten, die sich jn Sicherheit gebracht haben). Reaktion von Caleb Navarro:  «Es ist ihnen egal, ihren Familien Schaden zuzufügen. Wenn sie sich versteckt hat, werden wir halt ihre Angehörigen vorladen.»

In der Militärdiktatur hatten sie Gatten, Gattinnen, Eltern, Kinder gefoltert, um Aussagen zu erpressen. Heute laden sie sie – vorerst – vor. Der Mann ist Vizefraktionspräsident der Präsidentenpartei.