Chile: Mapuchehatz nach Mord an Grossgrundbeistzer

Donnerstag, 10. Januar 2013

8. Jan 2013 | Chile | Menschenrechte | Politik

Chile: Großgrundbesitzer sterben bei Brandanschlag

Regierung beschuldigt Mapuche-Aktivisten und wendet Antiterrorgesetz an. Opfer standen mit Repression gegen Indigene in Verbindung

Vilcún, Chile. In Chile ist in Folge eines Brandanschlags ein aus Europa stammendes Großgrundbesitzer-Ehepaar ums Leben gekommen. Die Eheleute Bernard Luchsinger und Vivianne McKay starben vergangenen Freitag in ihrem Haus in der südchilenischen Region La Araucanía. Bernard Luchsinger stammt von deutsch-schweizerischen Einwanderern ab. Vertreter der Regierung beschuldigen Angehörige der Mapuche-Volksgruppe, den Anschlag begangen zu haben, da der Grundbesitz der Familien seit langem von den indigenen Gemeinden beansprucht wird.
Nach Darstellung der Polizei sollen Vermummte in den frühen Morgenstunden das Feuer gelegt haben. Ein Machi, wie die männlichen oder weiblichen Schamanen der Mapuche genannt werden, wurde von der Militärpolizei festgenommen und mit einer Schussverletzung ins Krankenhaus gebracht.
Chiles Präsident Sebastián Piñera reiste noch am Freitag in den Süden Chiles und gab bekannt, dass erneut das Antiterrorgesetz gegen die Täter angewendet werden wird. Dieses Vorgehen stößt auf Kritik bei Menschenrechtsorganisationen. Roberto Garretón, Berater des Nationalen Instituts für Menschenrechte (INDH), versicherte, dass in diesem Fall kein terroristisches Verbrechen vorliege, da nicht erkennbar sei, dass mit der Tat Terror innerhalb der Bevölkerung provoziert werden solle.
Am Tag vor dem Brand fanden landesweit Demonstrationen statt, um an den Tod des Mapuche- Studenten Matías Catrileo vor fünf Jahren zu erinnern. Matías Catrileo war auf einer der Terrains der Familie Luchsinger durch einen Schuss in den Rücken von einem chilenischen Polizisten getötet worden. Am Ort des Brandes sollen Flugblätter gefunden worden sein, die auf den Tod von Catrileo Bezug nehmen. Der Konflikt zwischen Großgrundbesitzern und der indigenen Bevölkerung im Süden Chiles geht bis ins Jahr 1883 zurück, als die Mapuche von der chilenischen Armee besiegt und in Reservate gesperrt wurden. Chilenische und ausländische Siedler wurden gezielt angeworben, um die traditionellen Territorien der Indigenen zu bevölkern. Die Marginalisierung der Mapuche in den Reservaten verschlimmerte sich noch, da die Siedler sich Land der Reservate illegal aneigneten und legalisieren ließen. Im Jahre 1906 erwarb die Familie Luchsinger 60 Hektar Land in Vilcún von einem deutschen Einwanderer und vergrößerte ihren Grundbesitz später auf bis zu 1.200 Hektar.
Der Direktor des Programms für indigene Rechte der Organisation Fundación Chile 21, Domingo Namancura, betonte, dass die Mapuche keine Schuld an den Ereignissen trifft. In einem Gespräch mit CNN-Chile zeigt er sich davon überzeugt, dass die Täter keine Beziehung zu den kulturellen und religiösen Werten der Mapuche hätten, da Respekt und Achtung vor dem menschlichen Leben für sie essentiell seien. Auch eine indigene Organisation kritisiert die vorschnelle Beurteilung der Tat als einen Terroranschlag durch Mapuche-Aktivisten sowie die Anwendung des Antiterrorgesetzes, das der Polizei umfangreiche Vollmachten erteile, hieß es in einer veröffentlichen Erklärung.
Nach dem Brandanschlag führte die Militärpolizei gewaltsame Razzien in den Reservaten der Region durch. Die Razzien fordern bereits jetzt Verletze auf Seiten der Indigenen.