Venezuela/Medien: Oszillographie der Macht

Dienstag, 17. September 2024

 

(zas, 17.9.24) Stell dir vor: Mehrmals berichteten estnische Medien über versteckte Lieferungen von Kalashnikovs aus Russland an dessen verbündete Milizen in Estland. Und doch berichten die Medien hier nicht darüber. Ach so, nicht russische Waffen, nicht Estland, bloss US-Waffen und Venezuela. Kein Grund zur Aufregung.

Chavistische Medien in Venezuela wollen das nicht einsehen und machen viel Lärm um nichts (s. etwa hier): Bloss wegen 400 aus den USA ins Land geschmuggelten Kalashnikov samt Zubehör, die leider am 14. September von den venezolanischen Behörden beschlagnahmt wurden. Und anderem Spielzeugs, wieder Kalashnikov darunter, das am folgenden Tag ebenfalls von den Behörden gestohlen wurde. Dabei waren die Lieferungen der US-Bude Centruy Arms für andere Empfänger bestimmt!  Wohl für kriminelle Milizen wie der Tren de Aragua, die sich nach den Wahlen Ende August leidenschaftlich für die Freiheit der Bürger eingesetzt hatte.

Solche Missetaten der Chavistas verletzen eindeutig die regelbasierte Weltordnung.

Aber zum Glück recherchieren unsere freien Medien wie rasend. Als Beispiel: Gestern durften wir dank Werner Marti in der NZZ über abscheuliche Drogendeals der chavistischen Militärs lesen.  Es ging wieder um ihr geheimnisvolles Sonnenkartell, das Cártel de los Soles. Da liegen nämlich handfeste Beweise vor. Erstens aus der kolumbianischen Staatsanwaltschaft, der bekanntlich sowas wie faschistische Herrschaftssicherung nie in den Sinn kommt. Zweitens vom Portal Insight Crime, das, eben weil es zum Soft-Power-Arsenal Washingtons gehört, ebenfalls nur der vorurteilslosen Objektivität verpflichtet ist. Und drittens das US-Justizministerium. Womit bitte sehr die Beweislast per se erdrückend ist.

Nun: Das Kartell, das vor Jahren schon als eine Schaltzentrale des globalen Drogenhandels gehandelt wurde, war unfassbar. Nie konnte eines seiner Bankkonti enttarnt werden; nie gelang es, auch nur ein Gramm Pulver des Kartells zu beschlagnahmen. Es entschwand so hinter den Nebeln wie einst Avalon. Jetzt, wo eine neue Offensive gegen Venezuela aufgegleist wird, kommt das Monster wieder zum Vorschein. Dank dienstbaren Geistern wie Marti. Es gibt sie, die journalistischen Oszillographen. Die wie Marti etwa jeden Putsch in Lateinamerika als Durchbruch zu neuer Rechtsstaatlichkeit feiern, ausser wenn Washington abwinkt – wie zuletzt etwa in Guatemala. Sie registrieren und vermitteln gewissenhaft noch das schwächste Signal aus den Offices der Macht. Und beglücken dich und mich damit.