Angespannte Lage in Tegucigalpa

Montag, 29. Juni 2009

(zas/dd, 29.6.09) Letzte Meldung: In Telesur berichtete soeben (18:20 MEZ) Rafael Alegría von der internationalen Leitung der Vía Campesina, dass Armee- und Polizeikräfte sich anschicken, die Protestversammlung vor der Casa Presidencial in Tegucigalpa aufzulösen. Die Telesur-Korrespondentin berichtete anschliessend von Militarisierungen weiter Landesteile. Aus dem ganzen Land versuchen Leute, an die Proteste in der Hauptstadt zu gelangen. Viele von ihnen werden von der Armee weit ausserhalb der Hauptstadt abgefangen, insbesondere auch indigene AktivistInnen. Generalstreik im Erziehungswesen, von der Stufe Primarschule bis zur Uni. LehrerInnen- und SchülerInnendemos im Anmarsch zur Casa Presidencial. Gerade berichtete ein Student auf Telesur, dass der Compañero Ulises Peña umgebracht worden sei, wie mehrere andere auch. Die Meldung von vielen Verhaftungen auf den Strassen nach Tegucigalpa wird vom Studenten bestätigt.

Die Zeitung El Tiempo berichtet heute online, dass sie sowie die Fernsehkanäle 11 und Cable Color von der Armee aufgesucht worden sind mit dem Befehl, künftig keine Stellungsnahmen von Mitgliedern der (rechtmässigen) Regierung wiederzugeben. Selbst die Kabelübertragung von CNN wurde unterbunden.

Die gestern entführte Aussenministerin Patricia Rodas ist mittlerweile nach Mexiko ausgeschafft worden, von wo aus sie an das Treffen der zentralamerikanischen Integrationsinstanz SICA und der ALBA-Präsidenten in Managua weiter gereist ist, an dem auch Präsident Zelaya teilnimmt.

Die Mobilisierungen gegen den Putsch erfordern ungeheuren Mut. Immerhin sind gestern viele Menschen trotz des nächtlichen Ausgangsverbots an der Protestmahnwache vor der Casa Presidencial geblieben, wenn gleich es nach Angaben aus Kreisen der sozialen Organisationen in Honduras die Angst auf die erhoffte Beteiligung gedrückt hat. In San Pedro Sula ist die Protestkundgebung im Parque Central in der Nacht von der Armee aufgelöst worden; nach ungesicherten Angaben vom Hörensagen her sollen dabei auch Schüsse gefallen sein. Die sozialen Organisationen berichten auch von Verschwundenen, doch vorderhand haben wir dazu keine genaueren Angaben. Was aus Telefongesprächen mit Leuten in Honduras hervorgeht, ist eine verbreitete Angst vor Verhaftungen und Beschattungen.

Umso wichtiger sind die internationalen Vorgänge. Die OAS hat gestern einstimmig beschlossen, morgen Dienstag eine Untersuchungsmission nach Honduras zu entsenden, nebst ihrer klaren Verpflichtung auf die Verteidigung der demokratisch legitimierten Regierung Zelaya. Zur Zeit debattiert die UNO-Generalversammlung die Lage in Honduras. Beschämend ist die unten abgedruckte Stellungsnahme des EDA: Man ist in Bern „besorgt“, fordert allgemein die „Wiederherstellung verfassungsmässiger Verhältnisse“ etc., hütet sich aber, das Wort „Staatsstreich“ zu benutzen oder klar zu stellen, dass die Schweiz die unrechtmässige De-facto-Regierung nicht anerkenne. Sie liegt damit auf der Linie der EU, welche ihren Freihandelsvertrag mit den zentralamerikanischen Ländern nicht gefährden will. Die EU-Kommissarin für internationale Beziehungen, Ferrero-Waldner, wünscht einen „Dialog“ zwecks Überwindung der Zerwürfnisse.

Brüssel und Bern fallen damit weit hinter die viel klareren Positionen der OAS zurück. Natürlich ist zu berücksichtigen, dass Calmy-Rey in diesem Fall auch nicht die Kapitalflucht aus dem Süden in die Schweiz verteidigen muss.
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Eidgenössisches Departement für
auswärtige Angelegenheiten

Medienmitteilung

EDA besorgt über Lage in Honduras

29.06.2009

Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA ist besorgt über die jüngsten Ereignisse in Honduras. Es fordert die Verantwortlichen in Honduras zur Wiederherstellung verfassungsmässiger Verhältnisse und des Rechtsstaats auf. Das EDA erwartet, dass die aktuelle Krise mit demokratischen und friedlichen Mitteln gelöst wird.
Im Rahmen des DEZA-Regionalprogramms für Zentralamerika investiert die Schweiz in Honduras jährlich fünf bis sieben Millionen Franken, vor allem in den Bereichen Landwirtschaft, Umwelt und Trinkwasserversorgung. Für die Durchführung der Programme unterhält die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA in der Hauptstadt Tegucigalpa ein Verbindungsbüro. Insgesamt leben rund 270 Schweizer Bürgerinnen und Bürger in Honduras.

Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten
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