Umsturzversuch in Honduras: Nachtrag

Samstag, 27. Juni 2009

(zas/dd, 7.6.09) Der „technische Putsch“, geleitet von reaktionären Kräften im Parlament und abgesprochen mit der Führung der Streitkräfte, ist vorderhand abgeblasen. Nun zirkuliert die Version, die Streitkräfte hätten sich wohl gegen eine organisatorische Beteiligung am Referendum verwahrt, jedoch auch gegen eine Machtablösung im Präsidentenpalast. Präsident Manuel Zelaya sieht das anders: Es gebe genügend Anhaltspunkte für eine enge Putschkoordination zwischen politischer Rechten und Armee. Diese sei aber an der Vorsicht des Volkes gescheitert (http://www.tiempo.hn/index.php/secciones/el-pais/21805-presidente-zelaya-golpe-estaba-bien-coordinado).

Zelaya befahl gestern auch alle Truppen zurück in die Kasernen. Es sei nicht ihre "Mission, auf nationaler Ebene Angst zu verbreiten, 'denn ich habe Anrufe aus allen Departementen über einen mutmasslichen Staatsstreich erhalten', sagte der Amtsinhaber"

Die Referendumsunterlagen sind mittlerweilen im Land verteilt und morgen Sonntag, 28.6.09, soll es nun zur Volksbefragung kommen. Da das Wahlgericht die Angelegenheit für illegal erklärt hat – die Generalstaatsanwaltschaft droht allen, die sich an der Umfrage beteiligen, mit einem Strafverfahren – hat das Statistische Amt INE die Federführung. Der honduranische Botschafter vor der OAS, Carlos Soesa Coello, sagte in seiner Intervention in der Sondersitzung des Gremiums zur Lage in Honduras Folgendes: „Es geht nicht um ein Referendum, nicht um eine Wahl. Es handelt sich um Akte einer statistischen Messung, einer Volksbefragung, die nicht bindend sind. Da sie nicht bindend sind, können sie nicht Gegenstand der Bewertung von Verfassungskonformität oder nicht, von Illegalität oder nicht, sein … so oder so werden wir am 29. November [gesetzlichen Wahltermin] Präsidentschafts-, Parlaments- und Bürgermeisterwahlen haben… [Die Gewählten] werden ihr Amt auf natürliche Weise antreten und parallel wird eine verfassungsgebende Versammlung, wenn sich die 4. Urne durchsetzt, eine Verfassung ausarbeiten, die, einmal zu Ende gebracht und zu einer Volksabstimmung gebracht, am Ende der nächsten Regierungsperiode in kraft treten würde“ (http://www.tiempo.hn/index.php/secciones/el-pais/21807-la-oea-resuelve-respaldar-al-gobierno-constitucional).

Wie das genau gehen soll, eine nicht bindende statistische Messung, die in fünf Monaten aber zur Abstimmung über die Konstituente führt, erläutert der OAS-Botschafter nicht, zumindest nicht im Artikel von El Tiempo. Der Mann verwahrte sich jedoch gegen die Darstellung, bei der neuen Verfassung gehe es primär um die Wiederwahl Zelayas. Offenbar ist die gestern von mir übernommene Darstellung also falsch, die ursprüngliche Idee bei der Abstimmung morgen sei es gewesen, im Eiltempo eine neue Verfassung samt folgender Neuwahlen durchzuziehen, womit Zelaya je nach Wahlglück faktisch weiter hätte Präsident sein können. Allerdings fällt auf, dass auch aus sympathetischen Quellen wenig über den eigentlichen Gehalt der neuen Verfassung zu erfahren ist. Mir ist bisher auch keine Einschätzung zu Ohren gekommen, welche die gesellschaftliche Dynamik hinter einer neuen Verfassung, wie wir sie in Venezuela, Ecuador und natürlich Bolivien sehr eindrücklich mitbekommen haben, darstellen würde. Ob das an meinen beschränkten Quellen liegt oder an einer strukturellen Schwäche der honduranischen Dynamik, wird sich bald weisen.