Telepolis, Harald Neuber
Wikileaks: Uribe wollte Venezuela angreifen
Kolumbiens Ex-Präsident kündigte gegenüber US-Generalstabschef militärische Pläne gegen den Nachbarstaat an. Spanische Zeitung El País lenkt vom Thema ab
Gegenüber dem US-Generalstabschef, Admiral Michael Mullen[2], erklärte Uribe demnach, eine gezielte Aktion gegen Venezuela zu erwägen, um gegen dort mutmaßlich agierende Mitglieder der Guerillaorganisation FARC vorzugehen. Auch warf Uribe seinem Amtskollegen in Venezuela vor, die Rebellenorganisation gegen die Regierung in Bogotá einzusetzen. Das berichtete der US-Botschafter in Bogotá, William R. Brownfield, am 28. Januar 2008 in einer Depesche an das US-Außenministerium.
Gut einen Monat später griffen kolumbianische Bodentruppen und die Luftwaffe ein FARC-Camp auf ecuadorianischem Territorium an und provozierten beinahe einen Krieg mit dem Nachbarland. Die darauf folgenden Truppenmobilisierungen von Venezuela an die Grenze zu Kolumbien wurden auch in der deutschen Presse damals als Überreaktion und "Säbelrasseln" abgetan, so etwa im Stern[3], dem Tagesspiegel[4] oder der taz[5].
Nach den diplomatischen Dokumenten aus den Datenbanken von Wikileaks sah Uribe den als "bolivarische Revolution" bekannten Reformprozess im Nachbarland durchaus als Gefahr für das autokratische System im eigenen Land. Das von Chávez propagierte Modell eines "neuen Sozialismus´ in Südamerika" gehe mit "expansionistischen Plänen" einher, hatte Uribe schon Ende 2007 am Rande eines Treffens mit US-Politikern in Bogotá beklagt. Damit stimmte der inzwischen abgetretene Uribe durchaus mit Botschafter Brownfield überein. Auch dieser schätzte ein, "dass das bolivarische Phänomen den Einfluss der Vereinigten Staaten in Lateinamerika bedroht".
Nach den jüngsten Wikileaks-Veröffentlichungen über die Situation in Südamerika steht im medialen Diskurs jedoch nicht die Kriegsgefahr durch Kolumbien im Zentrum. Der Journalist Juan Jesús Aznárez der spanischen Tageszeitung El País stellte vielmehr die Aussage Uribes[6] in den Vordergrund, in der dieser Chávez mit Adolf Hitler verglich. Der Fokus wurde vor allem in Kolumbien von Privatmedien – mitunter auf geschmacklose[7] Weise – aufgegriffen.
Die fragwürdige Auswertung der diplomatischen US-Dokumente durch El País gießt Öl ins Feuer der Wikileaks-Kritiker. Die spanische Zeitung gehört mit dem PRISA-Konsortium zu fünf Medienkonzernen, die vorab Zugang zu den gut 250.000 Dokumenten bekommen haben – und denen damit die Deutungshoheit zukommt. Im Fall von El País ist das besonders fragwürdig. Nicht nur die Redaktion, sondern auch Aznárez selbst war in den vergangenen Jahren durch radikale Kritik an der Chávez-Regierung aufgefallen. Nach einem Bericht[8] des kanadischen Journalisten Jean-Guy Allard unterhielt Aznárez während des Putschversuches gegen die venezolanische Regierung im April 2002 als Korrespondent von El País in Caracas enge Kontakte zu den Botschaften von Spanien und den USA. Beide Staaten hatten die wenig später gescheiterten Putschisten sofort anerkannt.
Harald Neuber, 13.12.2010
Links:
[1] http://213.251.145.96/cable/2008/01/08BOGOTA337.html
[2] http://www.navy.mil/navydata/bios/navybio.asp?bioID=11
[3] http://www.stern.de/politik/ausland/kolumbienvenezuela-chavez-symbolisches-saebelrasseln-612946.html
[4] http://www.tagesspiegel.de/politik/international/saebelrasseln-in-den-anden/1179684.html
[5] http://www.taz.de/1/politik/amerika/artikel/1/uribe-profitiert-vom-streit-mit-chavez/?src=AR&cHash=2b0cffe921
[6] http://www.elpais.com/articulo/internacional/Uribe/advirtio/Chavez/era/amenaza/similar/Hitler/elpepiint/20101211elpepiint_5/Tes
[7] http://www.radiosantafe.com/2010/12/10/chavez-es-el-hitler-de-latinoamerica-uribe
[8] http://www.kaosenlared.net/noticia/periodista-pais-ataca-venezuela-cuba-conspiraba-golpistas-2002
[1] http://213.251.145.96/cable/2008/01/08BOGOTA337.html
[2] http://www.navy.mil/navydata/bios/navybio.asp?bioID=11
[3] http://www.stern.de/politik/ausland/kolumbienvenezuela-chavez-symbolisches-saebelrasseln-612946.html
[4] http://www.tagesspiegel.de/politik/international/saebelrasseln-in-den-anden/1179684.html
[5] http://www.taz.de/1/politik/amerika/artikel/1/uribe-profitiert-vom-streit-mit-chavez/?src=AR&cHash=2b0cffe921
[6] http://www.elpais.com/articulo/internacional/Uribe/advirtio/Chavez/era/amenaza/similar/Hitler/elpepiint/20101211elpepiint_5/Tes
[7] http://www.radiosantafe.com/2010/12/10/chavez-es-el-hitler-de-latinoamerica-uribe
[8] http://www.kaosenlared.net/noticia/periodista-pais-ataca-venezuela-cuba-conspiraba-golpistas-2002
News URL: http://www.heise.de/tp/blogs/8/148927