Honduras-Wahlen: Betrug an der Öffentlichkeit

Donnerstag, 10. Dezember 2009

Angabe von hoher Wahlbeteiligung entbehrt jeder Grundlage. US-nahe Beobachter schönten zudem ihren Bericht
Von Maxim Graubner, Caracas
amerika21.de
Tegucigalpa. Die Führung des Obersten Wahlgerichtes (TSE) von Honduras hat die Öffentlichkeit offenbar bewusst über die Höhe der Wahlbeteiligung bei der Abstimmung am 29. November falsch informiert. Ende vergangener Woche korrigiertedie Institution die bisherigen offiziellen Angaben nach unten: statt wie zuerst behauptet weit über 60 Prozent, haben demnach nur 49 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme bei der Abstimmung unter Kontrolle der Putschisten abgegeben.
Doch die Berechnungen der Wahlkommission haben nie eine Wahlbeteiligung von über 60 Prozent ausgewiesen, berichtet das unabhängige Internetportal therealnews.com. In einem Beitrag ihres Honduras-Korrespondenten Jesse Freeston heißt es, der Vorsitzende des Wahlgerichtes, Saúl Escobar, habe die hohe Beteiligung am Wahlabend frei erfunden. Freeston beruft sich dabei auf einen mehrstündigen Ausfall des Computersystems der Wahlbehörde vor der Bekanntgabe Escobars und anonyme Hinweise aus Kreisen der Wahlkommission. Sein Informant fürchte bei Erkennung um sein Leben, so der Journalist.
Bereits vier Tage nach den Wahlen wurden Freeston im Sitz des Wahlgerichtes die 49 Prozent Wahlbeteiligung von einem honduranischen Wahlexperten bestätigt und auch schriftlich ausgehändigt, während ein anderer Mitarbeiter ihm zunächst optimistisch gegenübertrat und sogar eine Wahlbeteiligung von weit über 60 Prozent in Aussicht stellte. Unterdessen berief sich unter anderem die Vertreterin der USA bei einer Sondersitzung der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) am Freitag weiter auf die offensichtlich falschen Angaben der Putschisten, um eine Anerkennung der Wahlen zu begründen.
Offizielle unabhängige Wahlbeobachter hatte es bei der Abstimmung nicht gegeben, soziale Bewegungen und der rechtmäßige Präsident Manuel Zelaya hatten zum Boykott der Wahlen aufgerufen. Allein die honduranische Organisation Hagamos Democracia hatte aussagekräftige Daten über die tatsächliche Wahlbeteiligung gesammelt. Sie errechneten aus Beobachtungen von 1000 Wahllokalen eine Beteiligung von 47,6 Prozent.
Die der US-Regierung nahestehende Institution erwähnte diese große Diskrepanz zu den offiziellen Angaben jedoch nicht in ihrem vorläufigen Bericht über die Abstimmung, so Freeston. Hagamos Democracia bescheinigte den Putschisten stattdessen einen "ordnungsgemäßen und friedlichen" Verlauf ihrer Wahlinszenierung. Dabei ignorierten sie zudem die brutalen Übergriffe von Sicherheitskräften gegenüber friedlichen Demonstranten in der Großstadt San Pedro Sula, obwohl zwei ihrer Mitarbeiter Zeugen der Vorgänge gewesen waren.

Angaben der Wahlbehörde weiter fragwürdig
Freeston stellt jedoch auch die Angaben von knapp 50 Prozent Wahlbeteiligung in Frage. Nach Beobachtungen seinerseits in 21 Wahllokalen in San Pedro Sula gab es dort eine Wahlbeteiligung von durchschnittlich knapp 37 Prozent. Auch viele andere Journalisten hatten von leeren Wahllokalen berichtet, Vertreter der Widerstandsbewegung gegen den Staatsstreich und der rechtmäßige Präsident Manuel Zelaya sprachen ebenfalls von einer Wahlenthaltung von weit über 50 Prozent.
Die regionale Presse in San Pedro Sula titelte laut Freeston trotzdem, die Bürger seien in die Wahllokale geströmt. Die internationalen Medien und führende Politiker besonders in Europa und USA verließen sich offenbar leichtfertig auf die Aussagen der Putschisten, von Medienkonzernen und der US-gestützten Organisation Hagamos Democracia. Spätestens nach der Veröffentlichung der Dokumentation Freestons sind jegliche Angaben der Machthaber in Tegucigalpa jedoch vollkommen unglaubwürdig.