Putschisten in Honduras bereiten Amnestie vor
Demokratiebewegung kritisiert angeblichen Strafbefehl gegen Militärführung als Politmanöver. US-Diplomat und deutsche Naumann-Stiftung unterstützen das Regime
Mehrere Akteure der Demokratiebewegung in Honduras haben ein angebliches strafrechtliches Vorgehen der Generalstaatsanwaltschaft gegen die Militärführung des mittelamerikanischen Landes als politisches Manöver zurückgewiesen. Ein entsprechender Antrag des Generalstaatsanwalts Luis Alberto Rubí sei nicht glaubwürdig, hieß es von dieser Seite. Der führende Jurist war am Mittwoch beim Obersten Gerichtshof des Landes vorstellig geworden.
Der letzte demokratisch gewählte Präsident des Landes, Manuel Zelaya, bezeichnete den Vorstoß nach Berichten von Nachrichtenagenturen als Trick, um die Generäle nicht wegen ihres eigentlichen Deliktes, des Staatsstreiches, zur Verantwortung ziehen zu müssen. Die Vorsitzende der Menschenrechtsorganisation COFADEH[1], Bertha Oliva, verwies[2] auf eine laufende Amnestiedebatte in dem von den Putschisten kontrollierten Parlament. Es sei „kein Zufall“, dass das angebliche Vorgehen wenige Tage vor einer geplanten Beschlussfassung zur Amnestiefrage publik gemacht wurde, sagte Oliva gegenüber der kubanischen Nachrichtenagentur Prensa Latina.
Die Generalstaatsanwaltschaft unter Rubí hat den Militärputsch gegen die Regierung von Manuel Zelaya unterstützt und bereits eine zentrale Rolle bei der Vorbereitung gespielt. Bis auf wenige Ausnahmen unterstützt der Justizapparat die Putschisten. Honduranische und internationale Menschenrechtsorganisationen beklagen daher auch die herrschende Straffreiheit für Gewalttäter des Regimes.
Die Organisation COFADEH hat über 4.000 Fälle politischer Gewalt dokumentiert, Präsident Zelaya spricht nach Angaben von Prensa Latina von 130 ermordeten Mitgliedern aus der Demokratiebewegung. Die Staatsanwältin für Menschenrechte, Sandra Ponce, prüft nach eigenen Angaben derzeit weniger als ein Dutzend Fälle. In keinem dieser Fälle ist ein Verfahren eingeleitet worden.
Indes hat die Nationale Widerstandsfront gegen den Staatsstreich, das zentrale Bündnis der Demokratiebewegung, die Demonstrationen wieder aufgenommen. Es gehe nun um die Wiederherstellung der Demokratie und die Durchsetzung einer verfassunggebenden Versammlung, sagte einer der führenden Köpfe der Bewegung, der honduranische Vorsitzende der Landarbeiterorganisation Via Campesina, Rafael Alegría.
Die Widerstandsfront protestiert auch gegen den geplanten Austritt des Putschregimes aus dem anti-neoliberalen Wirtschaftsbündnis Bolivarische Allianz für Amerika (ALBA[3]). Die Teilnahme an dieser von Kuba und Venezuela gegründeten Allianz habe Honduras zahlreiche sozialpolitische Vorteile verschafft, so Alegría, der sich – ebenso wie Menschenrechtsorganisationen – gegen eine Amnestie für die Putschisten wandte. Vertreter der Demokratiebewegung kündigten bereits an, Verfahren vor internationalen Gerichten anzustrengen, wenn den Gewalttätern des Regimes in Honduras Straffreiheit gewährt wird.
Auch der kommende Regimechef, der konservative Politiker Porfirio Lobo, unterstützt die Amnestie für die Putschisten. Sein Wahlsieg wird allerdings weder von den demokratischen Kräften im Land noch von der Mehrheit der lateinamerikanischen Staaten anerkannt. Lobo soll am 27. Januar die Macht ergreifen.
Die Putschregierung unterhält indes enge Kontakte zu US-Vertretern und der deutschen, FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung[4]. Am Mittwoch kam der noch amtierende Regimechef Roberto Micheletti mit dem US-Diplomaten Craig Kelly zusammen. Nach Angaben des "Außenministers“ Carlos López Contreras verlief das Treffen in einer "freundschaftlichen Atmosphäre“. In der putschistennahen Tageszeitung "La Tribuna“ kündigte[5] der Vertreter der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung, Christian Lüth, den Austritt von Honduras aus der ALBA an. Die Politik dieses anti-neoliberalen Bündnisses habe "viel Schaden in der honduranischen Gesellschaft angerichtet“, so Lüth: "Der honduranische Kongress wird in Kürze den Austritt aus der ALBA beschließen“, verkündete der deutsche Stiftungsvertreter.
Harald Neuber, 09.01.2010
Links:
[1] http://www.cofadeh.org
[2] http://www.prensa-latina.cu/index.php?option=com_content&task=view&id=151949&Itemid=2
[3] http://www.alternativabolivariana.org/
[4] http://www.fnst-freiheit.org/
[5] http://www.latribuna.hn/web2.0/?p=79701
News URL: http://www.heise.de/tp/blogs/8/146875