US-Budget für Kriege und „Sicherheit“

Samstag, 2. April 2011


(zas, 2.4.11) Letzten Februar die frohe Kunde: Erstmals seit 9/11 sieht der US-Budgetvoranschlag eine Reduktion des Militärhaushaltes vor. „Einen gewichtigen Beitrag zur Defizitreduktion soll mit 78 Mrd. $ über fünf Jahre auch das Militär leisten“, schrieb die NZZ am 15.2.11. Zwar tadelte das Blatt Obamas generell fehlende Sparentschlossenheit, aber eben, dass der Mann inmitten all der Kriege, die sein Land schultern muss, beim Pentagon Einsparungen betreibt, das will vermerkt werden. Schliesslich gilt der Friedensnobelpreis etwas.
Nur leider ist das falsch. Einsparen will der Mann im Weissen Haus. Allerdings nicht beim Pentagon, dafür etwa bei den Heizkostenzuschüssen für die arme Innercities-Bevölkerung. Rund 200 Sozialprogramme werden gekürzt oder gestrichen, wie Amy Goodman in ihrer Sendung „Democracy Now“ vom 15.2.11 festhält (Obama’s $3.7 Trillion Budget Calls for Military Spending Increases and Deep Cuts to Social Service Programs).  Ok, das reicht den PropagandistInnen der reichsten 5 Prozent der Bevölkerung nicht. Soweit alles klar. Aber die Einsparungen beim Pentagon? In der erwähnten Democracy Now-Sendung sagt John Nichols von der linksliberalen US-Zeitschrift „The Nation“ zu dieser Frage: „Mit am Frustrierendsten ist, wie die Medien Budget-Fragen behandeln. Sie repetieren den Spin. So haben gestern die meisten Medien berichtet, dass das Weisse Haus Einsparungen von $70 Mio. bis $80 Mio. beim Pentagon vorschlägt. Worum es dabei in Wirklichkeit geht, ist dass [Verteidigungsminister] Robert Gates sagt: ‚Es gibt da ein paar Dinge, die wir wohl nicht brauchen’. Unter dem Strich aber gibt es keine Kürzungen. Wir haben eine dramatische Erhöhung des Pentagon-Budgets um drei bis fünf Prozent, je nach Messart.“
 
Also: Die Obama-Administration verzichtet auf einen Teil (von $12 Milliarden) von angedachten Zusatzausgaben. Dem sagt man: Das Pentagon spart. (Es führt ja auch nur Kriege zum Schutz der ZivilistInnen.) Das Kriegsbudget wird für das Fiskaljahr 2012 mit $553 Mrd. angegeben, rund einem Sechstel des Gesamthaushaltes von $3.7 Billionen. Die offiziellen US-Militärangaben betragen fast die Hälfte der entsprechenden Budgets aller übrigen Länder auf dem Planeten.
Nur ist das erst die halbe Wahrheit. Die andere Hälfte erklärt uns Chris Hellman vom National Priorities Project,  der während 10 Jahren Kongressmitarbeiter im Bereich Sicherheit- und Aussenpolitik war. In seinem Artikel „The Real U.S. National Security Budget“ vom 1.3.11 auf TomDispatch.com rechnet er die sogenannten Zusatzausgaben und die in anderen Ministerien versteckten Ausgaben für Militär und Geheimdienste zusammen und kommt auf Gesamtkriegsausgaben von sage und schreibe $1.219 Billionen. Im Haushaltsantrag 2012 beantragte Extras für die Kriege in Afghanistan und Irak: $118 Mrd. $19.3 Mrd. für das garantierte Funktionieren der gelagerten Atomwaffen und das „Aufräumen“ von radioaktivem Waffenabfall (Energieministerium). $7.8 Mrd. für einen angeblich interministeriellen, real dem Pentagon vorbehaltenen Fonds. $8.7 Mrd. Sicherheitsausgaben des State Department in Afghanistan und Irak. Verschiedene Budgetposten ausserhalb des Pentagons im Gesamtbetrag von 53.5 Mrd. für Homeland Security. Auslandgeheimdienstausgaben, die im Voranschlag nicht beziffert werden. Sie haben 2010 $53.1 Mrd. betragen und steigen mit Bestimmtheit. Aufwendungen für die verletzte oder kranke ArmeeveteranInnen: $129.3 Mrd. State Department-Ausgaben für nicht direkt Armee-bezogene Belange in Irak und Afghanistan und andere Antiterrorismus-Kosten: $18 Mrd. Normale Renten für ArmeeveteranInnen und zivile Angestellte des Pentagons: $68 Mrd. Auch sehr reizend: $185 Mrd. für den Schuldendienst auf aufgenommenen Krediten zur Deckung früherer Pentagonbudgetdefizite. Das ergibt die 1219 Millionen Kriegsausgaben für das Fiskaljahr. Mehrere nicht-bezifferbare Posten wie der Kriegsanteil bei der NASA sind in dieser Rechnung nicht enthalten, betont Hellman.