Bolivien: Zum Wahlabkommen mit der Diktatur

Dienstag, 26. November 2019


Marco Teruggi*
 (24.11.19) Heute wurde in Bolivien das Abkommen für allgemeine Wahlen unterschrieben. Auf der Foto sieht man die Selbsternannte Áñez zusammen mit der Senatspräsidentin Eva Copa, einer Compañera aus El Alto. Das Abkommen verlängert u. a. die Usurpation von Áñez über die zuerst angegebene Zeit hinaus, verbietet eine Wahlteilnahme von Evo Morales und García Linera und gestattet sie dem MAS.
Ich kann jene verstehen, die das Abkommen kritisieren. Meine Frage ist: Gab es reale Bedingungen für etwas Besseres? Man muss nicht nur die nationalen und internationalen Kräfte des Putschblocks analysieren, sondern auch die interne Situation im MAS und im Prozess des Wandels. Das ist entscheidend und erklärt, warum man dem Putsch zum Opfer fiel. Da gab es z. B. die mangelnde Reaktion von Evo und der Führung, die Zusammensetzung der verbleibenden Führung, das Fehlen einer Strategie, eines zusammenhängenden Plans für die Strasse und das Parlament. Der Putsch legte früher entwickelte Schwächen und Limiten des Prozesses des Wandels offen. Die Kombination von Fehlern, Verrat und Verfolgung erklärt einen Teil der Bedingungen, die zum Abkommen führten. Von Verfolgung spreche ich beispielsweise beim erzwungenen Rücktritt von 68 GouverneurInnen, BürgermeisterInnen und GemeinderätInnen, das Kabinett und Evo und Linera nicht mitgezählt.
Es gibt viele weitere Fragen. Zum Beispiel: Plante man je im MAS oder in den Bewegungen für den  Wandel  den Abgang von Áñez mit der Stärke der Strasse zu erzwingen? Alles deutet auf eine negative Antwort, dass es für diesen Vorschlag keine Voraussetzungen gab, und dass man stattdessen auf Wahlen setzte – mit all den damit verbundenen gigantischen und offenkundigen Problemen. Eine andere Frage: Wie viele Führungen der Bewegungen unterstützen Evo und die Fraktion des MAS? Weniger, als man meistens denkt.
Das Abkommen kommt daher nicht überraschend. Der Putschplan hat stets eine Wahloption in einem klaren Schema anvisiert: Umsturz, De-facto-Regierung, Militarisierung, Verfolgung, Massaker und Wahlen. Wir müssen diese Abfolge, die Akteure, Diskurse, Finanzierungen sehr genau studieren: Bolivien ist ein erfolgreiches Beispiel für die US-Strategie im Kontinent geworden, eine Strategie, die in diesen zwei Monaten Militärs gegen Proteste auf die Strasse gebracht hat, die sich gegen rechte, also verbündete Regierungen richteten: Ecuador, Chile, Bolivien und Kolumbien.
·         aus dem Facebook des Autors