Menschenrechtsorganisationen beklagen Verschleppung und Morde. UNO-Vertreter weist auf Verpflichtungen der Regierung hin
Fortaleza, Brasilien. Im Rahmen einer internationalen Aktionswoche gegen das gewaltsame Verschwindenlassen von Menschen in Kolumbien haben Menschenrechtsorganisationen und Angehörige von Opfern über das schwerwiegende Problem debattiert. Die Zahl der vermissten Personen in Kolumbien übersteige bereits jene aus den Diktaturzeiten in Chile und Argentinien. Allein in den letzten drei Jahren seien in Kolumbien mehr als 38.200 Menschen spurlos verschwunden, hieß es auf den Treffen.Die Aktivisten waren sich einig, dass das gewaltsame Verschwindenlassen von Menschen als Staatsverbrechen anzusehen ist. Schließlich sei es untrennbar von Bedrohung, Verfolgung und außergerichtlichen Hinrichtungen. Zivilgesellschaftliche Organisationen beklagen zudem die staatlich gewährte Straflosigkeit für Täter.
Bereits am 23. Mai hatte sich der Vertreter des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte in Kolumbien, Christian Salazar, bei einer Konferenz zum Thema in Bogotá geäußert. Er erklärte das Verschwindenlassen von Menschen zu einem der “schwersten Menschenrechtsverbrechen”. Kolumbien sei “eines der Länder mit der höchsten Zahl an Verschwundenen weltweit”.
Nach Salazars Angaben ist ein Großteil der Delikte auf “staatliche Akteure und mit ihnen kooperierende paramilitärische Kräfte” zurückzuführen. “Seit Jahrzehnten”, so fügte er hinzu, “werden Angehörige der Sicherheitskräfte für eine Vielzahl von schwersten Verbrechen verantwortlich gemacht, darunter außergerichtliche Exekutionen, die in vielen Fällen mit dem gewaltsamen Verschwindenlassen im Zusammenhang stehen.”
Der UN-Menschenrechtsvertreter beklagte ferner, dass Verpflichtungen zu Fortschritten im Kampf gegen die Straflosigkeit durch Regierung und Sicherheitskräfte noch immer nicht umgesetzt worden seien. In diesem Zusammenhang erinnerte Salazar auch an die Ratifizierung des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs aus dem Jahr 2000. Mit der Unterzeichnung des Abkommens stimmte Kolumbien einer Bestrafung in Fällen von Verschwindenlassen zu. 2002 wurde auf Basis des Statuts der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) gegründet. 2005 unterschrieb Kolumbien zudem die Interamerikanische Konvention über das Verschwindenlassen.
Salazar zufolge sind in den letzten 30 Jahren in Kolumbien mehr als 57.200 Menschen verschwunden, von denen nur 15.600 auf offiziellen Opferlisten auftauchten. Der Hochkommissar betonte, dass die Generalstaatsanwaltschaft wahrscheinlich sogar über mehr als 26.500 Fälle von Verschwundenen informiert worden sei. Landesweite Spitzenreiter bei den Verschwundenenzahlen sind die Städte Medellín und Villavicencio.