Venezuela: "El Gringo" in Haft

Sonntag, 28. April 2013


27.04.2013 / Ausland / Seite 7

»El Gringo« in Haft

Venezuelas Behörden verhaften US-Amerikaner, der Unruhen nach der Präsidentschaftswahl ­finanziert haben soll. Millionen Dollar für Oppositionsgruppen

Von André Scheer

Finanziert aus dem Ausland: Ausschreitungen von Regierungsgegner

Finanziert aus dem Ausland: Ausschreitungen von Regierungsgegnern am 15. April in Caracas
Die gewaltsamen Ausschreitungen nach der Präsidentschaftswahl vom 14. April in Venezuela wurden offenbar direkt aus den USA angeleitet und finanziert. Am Donnerstag informierte der venezolanische Innenminister Miguel Rodríguez Torres in Caracas bei einer Pressekonferenz über die am Vorabend erfolgte Festnahme eines 35jährigen US-Bürgers. Timothy Hallett Tracy, der über eine geheimdienstliche Ausbildung verfüge, habe oppositionellen Jugendgruppen Geldmittel ausländischer Nichtregierungsorganisationen überbracht und diese zu gewaltsamen Aktionen angestachelt. Parallel habe er Beziehungen zu regierungsnahen Organisationen geknüpft, offenbar um sich so vor einer Entdeckung zu schützen. Er sei am Internationalen Flughafen Maiquetia festgenommen worden, als er das Land verlassen wollte.

Der Inlandsgeheimdienst SEBIN habe in den vergangenen Monaten gegen ein Netzwerk ermittelt, das bei der Behörde den Codenamen »Conexión Abril« erhalten habe, so der Minister weiter. Alle Indizien hätten in dieser Zeit darauf hingedeutet, daß es bis zum Wahltag ruhig bleiben, die Ergebnisse der Abstimmung jedoch nicht akzeptiert werden würden. Das sei dann auch so eingetreten, erläuterte er.

Die Behörden hätten bei dem Verdächtigen, der in Oppositionskreisen als »El Gringo« bekannt gewesen sein soll, während einer Hausdurchsuchung in Bello Monte, einem Mittelschichtsviertel in Caracas, mehr als 500 Videos beschlagnahmen können, die diesen schwer belasten, so der Minister. Einige davon führte er vor. Eine Aufnahme zeigt eine Gruppe von Jugendlichen, die sich lautstark über Gelder freuen, die ihnen Tracy offenbar zugesagt hat. Einer dieser Aktivisten, die den Angaben zufolge ultrarechten Parteien angehören sollen, äußert in dem Video, »um Santa Cruz und Miranda zu aktivieren« brauche man eine Milliarde Dollar. An einer anderen Stellen wird von »100 Millionen Bolívares« gesprochen, die nötig seien, um in vier Bundesstaaten einen Aufstand anzuzetteln. Auf einer weiteren Aufnahme ist der frühere Armeegeneral und heutige Führer der Rechtspartei Voluntad Popular, Antonio Rivero, zu sehen, wie dieser während einer Protestkundgebung nach der Wahl Jugendliche anleitet, wie sie sich mit Steinen und Flaschen der Polizei entgegenstellen könnten. »Die Aufgabe war, uns in einen Bürgerkrieg zu treiben«, zeigte sich Minister Rodríguez überzeugt. Durch diesen habe dann eine ausländische Intervention provoziert werden sollen.

In Washington wollte man sich zu dem Fall zunächst nicht äußern. Man habe davon nur aus den Medien gehört und bemühe sich um mehr Informationen, erklärte der Sprecher des US-Außenministeriums, Patrick Ventrell, am Donnerstag (Ortszeit) bei der täglichen Pressekonferenz im State Department. Gegenüber der Nachrichtenagentur AP wies der Vater des Verdächtigen, Emmet Tracy, alle Vorwürfe zurück. Sein Sohn sei Journalist und habe sich seit dem vergangenen Jahr in Venezuela aufgehalten, um einen Dokumentarfilm über die politische Situation des Landes zu drehen.

Venezuelas Präsident Nicolás Maduro forderte hingegen die Festnahme aller Personen, die auf den beschlagnahmten Videos zu sehen sind und in die »Konspiration der Rechten gegen die venezolanische Demokratie« verwickelt seien. In El Valle im Südwesten von Caracas rief er die Bevölkerung zur Wachsamkeit auf, da die Rechte weitere Angriffe auf den Frieden vorbereiten könne. »Hier darf keiner das Land ins Chaos stürzen, nur weil er zur Rechten gehört.«

Wie die Tageszeitung Ciudad CCS berichtete, sollte Tracy am Freitag (Ortszeit) dem Haftrichter vorgeführt werden. Staatsanwältin Gineira Rodríguez werde den US-Amerikaner dabei des Verstoßes gegen die venezolanischen Strafgesetze während der gewaltsamen Ausschreitungen am 15. April und danach anklagen.