Venezuela: Wahlkommentar

Montag, 15. April 2013

Maduro: 50,66 Prozent!

Dario Azzellini

Nicolás Maduro presidente! Das Ergebnis ist aber unerwartet knapp mit 50,66
Prozent für Maduro und 49,07 Prozent für den Oppositionskandidaten
Capriles. Die Wahlbeteiligung war mit 78,71 Prozent etwas niedriger als im
Oktober 2012 als Capriles gegen Chávez antrat. Capriles gelang es seine
Wählerschaft von 6,47 Millionen auf 7,27 Millionen zu steigern. Maduro
hingegen bekam 7,5 Millionen Stimmen, eine halbe Million weniger als Chávez.

Aber gewonnen ist gewonnen. Es bleibt abzuwarten, wie die Opposition
reagiert. In der ersten Stunde nach Bekanntgabe des Ergebnisses blieb sie
stumm.

In allen Wahllokalen des Landes waren WahlbeobachterInnen des
Oppositionsbündnisses MUD und der PSUV anwesend. Darüber hinaus waren
einigen Hundert internationale WahlbeobachterInnen im Land sowie eine Mission
der UNASUR. Capriles und das Oppositionsbündnis hatten sich dennoch nicht
darauf festlegen wollen das Ergebnis der Wahlen anzuerkennen, so wie Nicolás
Maduro es getan hat. Im Vorfeld der Wahl häuften sich die Hinweise darauf,
dass die Opposition den Wahlsieg nicht anerkennen würde und Aktionen und
Provokationen auf der Strasse vorbereiten würde. In den Wochen vor den
Wahlen hatte es zahlreiche Sabotageakte in der Stromversorgung gegeben und
mehrere Personen wurden beim Versuch die Stromversorgung zu sabotieren
festgenommen. Es wurden Waffenlager ausgehoben und bewaffnete Paramilitärs
Dingfest gemacht.

Am Morgen des Wahltags gelangte eine Rundmail der oppositionellen
Jugendorganisation "Aktive Jugend Einiges Venezuela" (JAVU) in die Medien. In
der e-mail erklärte die JAVU ihren Anhängern den  Destabilisierungsplan in
Folge des zu erwartenden Sieg von Nicolás Maduro: Nicht-Anerkennung des
Wahlsieges von Maduro; Straßenblockaden (mit der Aufzählung strategischer
Punkte); Besetzung von Regierungsgebäuden, Ausrufung einer
Parallelregierung. Der Plan zähle auf die Unterstützung großer Medien und
angeblich auch von Teilen der Armee. Weitere ähnliche Pläne gerieten im
Laufe des Tages an die Öffentlichkeit. Am Wahltag wurden diverse Webseiten
und Twitter-Accounts der Regierung oder von Regierungsanhängern gehackt,
darunter die Twitter-Accounts von Nicolás Maduro und der PSUV. Mehr als
45.000 Hacker-Angriffe auf die Homepage des Nationalen Wahlrates (CNE) und
das staatliche Telekommunikations-Unternehmen /CANTV/ wurden abgewehrt. An
diversen Orten griffen Oppositionsanhänger griffen bekannte Chavistas an,
ein Kamermann des Stadtteil-TV-Senders BarrioTV wurde von
Oppositionsanhängern angeschossen und verletzt, und auch auf
MitarbeiterInnen von Catia TV wurde von Oppositionellen geschossen.

Maduro rief am Wahlabend nach Bekanntgabe des Ergebnisses vor Tausenden
AnhängerInnen vor dem Präsidentenpalast dazu auf, wachsam zu sein und nicht
auf Provokationen hereinzufallen. Er bekräftigte, was er bereits während des
Wahlkampfes versprochen hatte: „Kein Pakt mit der Bourgeoisie, sondern
Diskussion mit den Arbeitern und den Armenstadteilen“.  Er versprach eine
Fortsetzung und Vertiefung des Transformationsprozesses und forderte die
Bevölkerung zum Feiern auf.

Maduro ist der Sieger und damit auch ein politisches Projekt, das sich
fundamental von dem der Opposition unterscheidet. Daher sind alle Rufe, die
Opposition stärker zu berücksichtigen, verfehlt. Es kann nicht mehr
Souveränität und lateineramerikanische Integration und gleichzeitig
Privatisierung des Erdölsektors und Bindung an die USA geben. Und der
Versuch des Aufbaus eines sozialistischen Gesellschaftsmodells ist sicher
nicht mit einer neoliberalen Wirtschaft- und Sozialpolitik zu kombinieren.
Auch wenn der Sieg von Maduro viel weniger deutlich ausgefallen ist, als es
alle Umfragen vorausgesagt und auch die meisten Analysten es vermutet haben,
ist es ein bedeutender Sieg gegen Destabilisierungsversuche jeder Art und
gegen eine globale Medienkampagne. Dennoch gilt es sorgfältig zu analysieren,
wie Capriles seine Wählerbasis so ausweiten konnte. Und es gilt den
Transformationsprozess zu vertiefen, erfolgreich gegen Korruption vorzugehen.
Die Basis für den Transformationsprozess muss wieder ausgeweitet werden.