EU in Honduras-Frage gespalten

Freitag, 21. August 2009

20.08.2009
EU in Honduras-Frage gespalten
Dissens im Umgang mit Machthaber Micheletti. Schwedische EU-Ratspräsidentschaft will Wahlen unter Putschregime legitimieren
Von Harald Neuber
amerika21.de

Brüssel. Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sind im Umgang mit dem Putschregime in Honduras gespalten. Während einige Länder – vor allem Spanien, Frankreich und die Niederlande – eine kritische Haltung zu den neuen Machthabern in Tegucigalpa einnehmen, streben andere EU-Staaten eine "diplomatische Lösung" der Staatskrise in dem mittelamerikanischen Land an. Das erfuhr amerika21.de aus diplomatischen Kreisen in Brüssel.

Bislang hat die EU wie auch die USA und alle relevanten internationalen Organisationen das Regime des ehemaligen Parlamentspräsidenten Roberto Micheletti politisch isoliert. Knapp zwei Monate nach dem Staatstreich und Michelettis Machtergreifung plädieren einige EU-Mitgliedsstaaten und auch die schwedische Ratspräsidentschaft bei internen Beratungen offenbar jedoch für Zugeständnisse an die Putschisten.

Deutlich wurden diese Differenzen schon Ende Juli, als sich Spanien nicht mit dem Antrag durchsetzen konnte, den Vertretern des Putschregimes ihre EU-Visa zu entziehen. Zwar unternehme die EU "Schritte, um die politischen Kontakte mit der De-facto-Regierung in Honduras einzuschränken" hieß es in einer Erklärung der schwedischen Ratspräsidentschaft. Ein Konsens darüber konnte jedoch nicht erzielt werden. So bleibt es jeder EU-Regierung überlassen, die Vorgabe umzusetzen.

Die Forderung nach einer Visasperre für Putschisten und ihre Sympathisanten wird von Vertretern der honduranischen Demokratiebewegung explizit auch an Deutschland gestellt. Der Grund: Auf Einladung der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung war der in Honduras extrem umstrittene Staatskommissar für Menschenrechte, Ramón Custodio López, unlängst nach Berlin eingeladen worden.

Der Mittsiebziger ist wegen seiner offenen Parteinahme für das Gewaltregime der Putschisten nicht nur aus lateinamerikanischen Menschenrechtsorganisationen ausgeschlossen worden. Er gehört auch zu fünf honduranischen Staatsfunktionären, denen von den US-Behörden die Visa für die Vereinigten Staaten entzogen wurden.

Der Dissens in der EU beschränkt sich aber nicht nur auf einen möglichen Einreisestopp für die Putschisten. Entgegen expliziter Forderungen der Demokratiebewegung will die EU-Ratspräsidentschaft zu möglichen Wahlen in Honduras Beobachter entsenden. Die Kritiker des Putsches lehnen Wahlen unter dem aktuellen Regime ab. Die permanente und zunehmende Gewalt mache einen freien und demokratischen Urnengang unmöglich, sagt etwa Juan Barahona von dem Protestbündnis "Nationale Widerstandfront gegen den Staatsstreich". Barahona befürchtet, dass die Machthaber Wahlen nutzen, um ihre Position zu legitimieren.

Die Befürworter einer Annäherung der EU an die Putschisten argumentieren genau andersherum. Nach Informationen aus Brüssel haben Vertreter der schwedischen Ratspräsidentschaft die Entsendung einer Beobachtermission bereits Mitte Juli verteidigt, weil dem Wahlprozess dadurch Glaubwürdigkeit verliehen werden könne. Ende Juli verteidigten Vertreter der EU-Präsidentschaft die Entsendung einer Mission in internen Beratungen erneut als "ratsam, nützlich und machbar".