Eurokomplizin: Die Naumann-Stiftung am Putschen

Sonntag, 11. Oktober 2009

aus www.german-foreign-policy.com




Fünf Punkte für die Putschisten
08.10.2009
TEGUCIGALPA/BERLIN
(Eigener Bericht) - Die Friedrich-Naumann-Stiftung setzt ihre Unterstützung für das honduranische Putschregime mit einem neuen Vermittlungsversuch fort. Während sich die Mutterpartei der Stiftung, die FDP, auf die Regierungsübernahme in Berlin vorbereitet, hat der Stiftungsvorsitzende Wolfgang Gerhardt vergangene Woche einen "Fünf-Punkte-Plan" nach Tegucigalpa übermittelt. Der Plan richtet sich nicht nur an den gestürzten Präsidenten Manuel Zelaya, sondern auch an den Anführer des Putschregimes, Roberto Micheletti. Die in dem Plan enthaltenen Vorschläge geben den Forderungen der Putschisten in zentralen Punkten nach, die zuvor weltweit übereinstimmend als nicht verhandelbar verworfen worden waren. Damit setzt die FDP-nahe Stiftung die Versuche fort, die globale Ablehnung des Staatsstreichs aufzuweichen und die Isolierung der Putschisten aufzubrechen. Zugleich sucht sie, Berlin eine möglichst starke Stellung zu verschaffen. "Europa" solle "als ehrlicher Makler" auftreten, erklärt ein Politiker der FDP über den Versuch der Stiftung, sich eine Einfluss versprechende "Mittler"-Rolle in Honduras zu verschaffen.
Rückkehr "inakzeptabel"
Einen international anerkannten Plan zur Lösung der Staatskrise in Honduras hatte der Präsident Costa Ricas, Óscar Arias, bereits in den ersten Wochen nach dem Putsch vom 28. Juni entwickelt. Sein Plan sah unter anderem eine Generalamnestie für alle politischen Vergehen vor, die vor und nach dem Staatsstreich begangen wurden. Der gestürzte Präsident Manuel Zelaya sollte wieder in sein Amt als Staatsoberhaupt des zentralamerikanischen Landes eingesetzt werden. Während Zelaya die Vorschläge akzeptiert hatte, brachte das Regime um Roberto Micheletti den Arias-Plan zum Scheitern, indem es die Rückkehr Zelayas in das Amt als "inakzeptabel" ablehnte.[1] Stattdessen forderte Micheletti Zelaya auf, öffentlich seinen Verzicht auf das Präsidentenamt zu erklären, und stellte nur für diesen Fall den eigenen Rückzug in Aussicht.[2]
"Nicht aus Lateinamerika"
Die Vorschläge, die die Naumann-Stiftung nun den Konfliktparteien unterbreitet, stellen eine Novellierung des Arias-Planes dar - im Sinne der Putschisten. Während etwa der Vorsitzende der Organisation Amerikanischer Staaten, José Miguel Insulza, im Einklang mit Arias erklärt, Zelayas Rückkehr ins Präsidentenamt sei "unverhandelbar" [3], greift die FDP-nahe Stiftung nun Michelettis Forderung auf und verlangt den formalen Rücktritt des gestürzten Amtsinhabers [4]. Zudem sieht der "Fünf-Punkte-Plan" nicht nur eine weitreichende Amnestie für die Putschisten vor, sondern auch die Einsetzung einer Verhandlungskommission. Dieser sollen die Kandidaten der Präsidentschaftswahlen angehören, die für Ende November vorgesehen sind; den Vorsitz der Kommission soll ein "Vermittler" erhalten, der "nicht aus Lateinamerika" kommen dürfe.[5]
Voraussetzungen nicht erfüllt
Daneben plädiert die Naumann-Stiftung dafür, die Wahlen wie geplant abzuhalten - de facto also unter Aufsicht der Putschisten. Anders lautende Stellungnahmen sind in den Vereinten Nationen zu hören. So urteilt etwa UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon, Honduras erfülle derzeit nicht die Voraussetzungen "für die Abhaltung glaubwürdiger Wahlen, die Frieden und Stabilität voranbringen". Die UNO hat die Zusammenarbeit mit der honduranischen Wahlbehörde mittlerweile ausgesetzt.[6] Der Präsident Costa Ricas, Óscar Arias, wies kürzlich ebenfalls darauf hin, dass Wahlen unter der Federführung des Putschregimes international nicht anerkannt würden.
"Enge Beziehungen"
In einem Begleitbrief zum "Fünf-Punkte-Plan", der an zwei "Präsidenten der Republik Honduras" gerichtet ist - gemeint ist neben dem Amtsinhaber Zelaya auch der Putschist Micheletti -, bietet der Vorsitzende der Friedrich-Naumann-Stiftung, Wolfgang Gerhardt, ausdrücklich die Bereitschaft seiner Organisation zur Vermittlung in der honduranischen Staatskrise an. Er verweist dabei auf "unsere engen Beziehungen zu verschiedenen demokratischen Institutionen in der Welt" sowie auf die 25-jährige Präsenz der Stiftung in Honduras - eine Zeit, die die deutschen Liberalen nutzten, um sich unter den heutigen honduranischen Putschisten exklusive Einflussnetzwerke aufzubauen (german-foreign-policy.com berichtete [7]).
"Ehrlicher Makler"
In den engen Verbindungen, die die FDP sowie die Naumann-Stiftung zum Partido Liberal de Honduras (PLH) unterhalten [8], sehen die deutschen Liberalen offenbar eine günstige Chance, sich als "Vermittler" ins Spiel zu bringen - schließlich entstammen dem PLH nicht nur die Putschisten, auf deren Seite sich die Stiftung jetzt geschlagen hat, sondern auch der gestürzte Präsident Zelaya. Entsprechende Forderungen nach einer deutsch-europäischen "Mittler"-Rolle in Honduras hatte der damalige außenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Werner Hoyer, bereits unmittelbar nach dem Putsch geäußert.[9] Mittlerweile hat Hoyer ergänzt, im Falle Honduras' bedürfe es "dringlichst internationaler Vermittlung" [10], und dabei dürfe "Europa nicht abseits stehen"; es müsse "sich - wie in den achtziger Jahren - als ehrlicher Makler einbringen". In Kürze steht dazu auf Seiten der europäischen Führungsmacht Deutschland ein neuer Außenminister bereit - mutmaßlich Guido Westerwelle, ein Stipendiat der Friedrich-Naumann-Stiftung.[11]
[1] "Lo siento mucho", responde canciller ante propuesta de restituir a Zelaya en el poder; El Heraldo 19.07.2009
[2] Micheletti bereit zu Rücktritt bei Zelaya-Verzicht; Focus Online 15.07.2009
[3] Insulza: Retorno de Zelaya es innegociable; Ultima Hora 29.08.2009
[4], [5] Plan de cinco puntos para solucionar la crisis en Honduras; www.fnst-freiheit.org
[6] Druck auf Übergangsregierung in Honduras wächst; AFP 23.09.2009
[7] Schreiben vom 01.10.2009; www.fnst-freiheit.org
[8] s. dazu Die Naumann-Fraktion und Ein Amtsenthebungsverfahren
[9] "Hugo Chavez führt Regie in Mittelamerika"; Die Welt 02.07.2009
[10] www.abgeordnetenwatch.de/dr_werner_hoyer-650-5917--f198485.html#q198485
[11] s. dazu Deutsche Liberale