Honduras: Normalisierung des schmutzigen Krieges

Dienstag, 6. April 2010

Normalisierung des schmutzigen Krieges

Jean Ortiz


(1.4.10,  www.monde-diplomatique.fr/carnet/2010-04-01-Honduras) die Wahlfarce vom 29. November 2009 hatte zum Ziel, den Militärputsch vom 28. Juni gegen den Präsidenten Manuel Zelaya weisszuwaschen. Seither hat die „Medienkratie“ ihre Arbeit gut getan: Mit dem Segen der USA und Europas habe Honduras die Demokratie neu gefunden.

Nur, die Masken der angeblichen „Regierung der nationalen Einheit“ fallen. Die Macht ist wie in den 80er Jahren zu einer Kampagne der selektiven Liquidierung von Militanten und Führungspersonen des Frente Nacional de Resistencia Popular (FNRP, Nationale Volkswiderstandsfront) übergegangen, mittels Todesschwadronen, die mit absoluter Straffreiheit operieren. Am 23. März wurde der Lehrer Manuel Flores vor seinen Schülern in der Schule San José de Pedregal (Tegucigalpa) umgebracht. Er war Führungsmitglied in der Gewerkschaft der SekundarschullehrerInnen COPEMH  und Mitglied des Zentralamerikanischen Sozialistischen Partei (PSOCA) gewesen. Am 26. März wurden die Journalisten Ballardo Mairena und Manuel Juarez vom Canal 4 in Juticalpa (Departement Olancho) in einem Hinterhalt mit einem Schusshagel niedergemäht. Diese beiden Morde kommen zu den fünf seit Beginn des Regimes von Porfirio Lobo vor wenigen Monaten ermordeten Journalisten hinzu.

Am 25. März wurden elf Kader der Gewerkschaft an der Universidad Nacional Autónoma de Honduras (UNAH) verhaftet, gefesselt und wie Schwerverbrecher aneinander gekettet. Im Departement Atlántida sind seit Jahresbeginn fünf Bauern ermordet worden, darunter José Antonio Cardoza und José Carias vom Movimiento Unificado Campesino del Aguan (MUCA). Auch der Waldschützer Francisco Castillo wurde liquidiert.

Die UNO-Hochkommmissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, verlangte am 15. März die Eröffnung einer Untersuchung zum „Fall der Verletzung des Rechts auf Leben und Schutz vor Folter, willkürlicher Verhaftung und Vergewaltigung“ in Honduras.

Der präventive Staatstreich vom 28. Juni 2009 stellte für die Völker Lateinamerikas sehr wohl einen Versuch dar, die „Alianza Bolivariana de los Pueblos de Nuestra América“ ALBA zu stoppen und einzuschüchtern. Sie zielte auch darauf, aus Honduras den amerikanischen Polizisten in Zentralamerika zu machen.

Die honduranische Opposition, gestärkt, divers, erfinderisch, gewaltfrei, im FNRP zusammengekommen, gibt nicht auf. Sie wird von April bis Juni eine grosse nationale Konsultation durchführen, um die Unterschriften von 30 Prozent der WählerInnen für die Forderung nach Verfassungsgebenden Versammlung zu erhalten. Sie soll eine Verfassung ausarbeiten. Die von nun an das Volk und nicht Armee und Oligarchie zum Garanten hat und so das Land neu gründen.

Die europäische Union schweigt sich aus; sie hat sowohl ihre Beziehungen mit Tegucigalpa wie auch die Handelsverhandlungen mit ganz Zentralamerika wieder aufgenommen, um im kommenden Mai einen Freihandelsvertrag unterschreiben zu können.


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Kommuniqué vom 2. April 2010

MUCA

[dd. Seit den letzten Monaten von 2009 ist es im östlichen Departement Colón zu einer schweren Repression gegen den MUCA gekommen. Hintergrund: die Grossgrundbesitzer und Putschisten Miguel Facusse, Reinaldo Canales und René Morales haben die Militärs losgeschickt, um sich die fruchtbaren Böden im Gebiet des Aguan, die ein Agrarreformgesetz bäuerischen Palmöl-Kooperativen übertragen hat, für ihre eigenen Exportplantagen anzueignen. Dabei ist es zu Schwerverletzen, kürzlich zu einem Ermordeten gekommen. Die Regierung Lobo stellt sich hinter die Usurpatoren. Die Kooperativen haben jetzt Land besetzt, teilweise leben ihre Mitglieder aber versteckt im unwegsamen Gebiet.]

Paramilitärische Gruppen, Militärs und Polizisten werden vom Infanteriebataillon von La Ceiba (Atlántida) unter dem Kommando von Billy Joya [berüchtigter Todesschwadronist mit offiziellem Regierungsamt] in den Räumlichkeiten der Fábrica Exportadora del Atlántico in der Gemeinde Tocoa und in der Kaserne des XV. Bataillons in der Gemeinde Trujillo (Departement Colón) ausgebildet. Sie werden ab Dienstag, dem 6. April gewalttätig und blutig intervenieren. Voraussichtlich werden die Ländereien, die wir besetzen, mit Minen militarisiert werden. Diese Repression läuft unter der Bezeichnung Operación Trueno (Donner) und wird Massnahmen wie die Verhaftung und die Ermordung von Kadern des MUCA und des FNRP sowie die massenhafte Verhaftung von Campesinas und Campesinos beinhalten.

Die Polizei und die Armee von Colón operieren mit Fahrzeugen der Unternehmer und Grossgrundbesitzer mit Privatnummernschildern, mit AK-.47 bewaffnet, vermummt und in Koordination mit Paramilitärs, die täglich gegen den MUCA vorgehen.