Kolumbien 2010: Mehr Armeeverluste als die USA in Afghanistan
(1.1.11.aus Rebelión)
Roberto Romero
Die Feier vom 24. Dezember brachte dem Land keine guten Friedensnachrichten. In seiner Grussbotschaft an die Streitkräfte gab Präsident Santos an diesem Tag in der Base von Tolemaida zu, dass der Staat in den letzten zehn Monaten im Kampf gegen die Aufständischen mehr als 2500 Verluste erlitten habe. “Die Schlange sitzt in der Falle, 2011 werden wir sie besiegen”, sagte er in Bezug auf die FARC. Eine eigenartige Schlange, die in der Lage ist, den staatlichen Kräften nach acht Jahren permanenter Totaloffensive solche Verluste beizufügen.
Offenbar löste diese Ankündigung in den Reihen der Armee ein solches Unbehagen aus, dass auf den Webseiten des Militärs und der Präsidentschaft die entlarvenden Zahlen heraus retouchiert wurden. Allerdings sind sie im Fernsehen gesendet worden. Aber sie besagen nichts Neues. Mitte November bilanzierte die Corporación Nuevo Arco Iris in einer Studie über den inneren Krieg die staatlichen, von den Medien tot geschwiegenen Verluste. “2010 hatten die Sicherheitskräfte (in zehn Monaten) fast 2500 Verletzte und Tote hinzunehmen. Diese Zahl liegt höher als jene von 2002 mit 2236 und von 2009 mit 2320 Verlusten”, vermittelt der Bericht auf der Basis von Justizquellen. Mit anderen Worten: Die Farc haben den Sicherheitskräften jeden Monat 250 Verluste beigefügt, mehr als 8 pro Tag. Inbegriffen 450 Tote.
Die Studie unterstreicht: “2010 kam es zu einer grossen Anzahl von Auseinandersetzungen, mehr als 400. Unter Auseinandersetzung ist eine militärische Aktion des Zusammenstosses zwischen zwei feindlichen Strukturen während mehr als 120 Minuten zu verstehen. Dies deutet darauf hin, dass die Farc in mehreren Regionen des Landes immer noch eine grosse Kampfkraft aufweisen”.
Die Zahlen sind im Vergleich mit dem Krieg, den die USA und weitere 26 Nationen in Afghanistan führen, besonders aufschlussreich: Die USA und ihre Alliierten erlitten hier 2010 709 Verluste, während es in Kolumbien mehr als 2500 waren (s. http://icasualties.org/oef/). Niemand kann ob solcher Todeszahlen Freude empfinden. Sie unterstreichen die Eskalation des Konfliktes. Alle in diesem langen und sinnlosen Krieg gefallenen KolumbianerInnen müssen uns schmerzen. Aber mit neuen Appellen zur Verlängerung des Krieges und mit weiteren Versprechen, den Feind auszumerzen, wird nur mehr Leid und Schmerz für das kolumbianische Volk gesät.
Es ist Zeit, dass Santos seinen Worten bei der Amtseinführung Taten folgen lässt: “Ich habe den Schlüssel für eine politische Lösung des bewaffneten Konflikts nicht ins Wasser geworfen”. Die nackten Zahlen gebieten dies.