Honduras: Blausäure gegen die brasilianische Botschaft?

Sonntag, 27. September 2009

Das Internationale Observatorium der Situation der Menschenrechte in Honduras (OISDHHN) verurteilt den Angriff mit Giftsubstanzen auf die brasilianische Botschaft in Tegucigalpa



25 September 2009

Heute haben die Sicherheitskräfte der De-facto-Regierung einen Angriff mit hochtoxischen Substanzen gegen die Personen durchgeführt, die sich in der Botschaft von Brasilien in Tegucigalpa aufhalten. Dies erfolgte zum gleichen Zeitpunkt, an dem der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in einer Sondersession zu Honduras tagte und die Respektierung der Unverletzlichkeit der brasilianischen Botschaft in dieser Stadt und des Lebens und der physischen Integrität von Präsident Zelaya, seiner Familienmitglieder seiner BegleiterInnen forderte. Der Arzt Mauricio Castellano, Spezialist für öffentliche Gesundheit, der eine technische Analyse der Vorfälle durchführte, kam zu folgenden Befunden:

• Über der Norm liegende Konzentrationen von Ammoniak, das als Grundlage für Pfeffergas dient
• Konzentration von Cianwasserstoff oder Blausäure zwischen 100 und 200 ppm (parts per million)

Diese letzte Substanz produziert beim Einatmen und dem anschliessenden Kontakt mit dem Eisen im Blut eine rasche Wirkung, die sich in Schwindel, Übelkeit, Unterleibsschmerzen, Kopfschmerzen und Atembeschwerden ausdrückt.
Experten zufolge ist diese Substanz ein Produkt der Militärtechnologie und durch internationale Verträge verboten. Ein längerer Kontakt mit ihr ist für alle lebenden Organismen tödlich.
Das OISDHHN verurteilt den Angriff mit Giftsubstanzen gegen die in der brasilianischen Botschaft beherbergten Personen. Das Observatorium drängt die Menschenrechtsstaatsanwältin von Honduras, Sandra Ponce, zu einer sofortigen Untersuchung dieser Vorfälle sowie zur Beschlagnahmung der gegen Präsident Zelaya und seine BegleiterInnen eingesetzten Agressionsinstrumente. Zu diesen zählt der in der Umgebung der Botschaft installierte Schallradar. Diese Aggressionen bewirken körperliche und psychologische Verletzungen, die unter den Bedingungen der militärischen Belagerung der Botschaft als Folterakte eingestuft werden könnten.

Das OISDHHN manifestiert seine Besorgnis wegen der vom Delegierten des Internationalen Roten Kreuzes gegebenen Antwort, der Stunden nach der Verübung des Angriffs eingetroffen ist. Das Observatorium bittet das Internationale Rote Kreuz dringend um die Entsendung von qualifiziertem Personal, das der internationalen Organisation angehören soll, und um alle humanitäre Hilfe, welche die belagerten Personen benötigen.

Schliesslich folgert das Observatorium, das dieser Angriff die Glaubwürdigkeit der von den Putschisten ausgedrückten Dialogbereitschaft verletzt und fordert den UNO-Sicherheitsrat dazu auf, entschieden und schnell zu reagieren. Es beharrt auch vor dem Generalstaatsanwalt des Internationalen Strafgerichtshofes darauf, die ihm vom Römer Statut übertragenen präventiven Vollmachten zu benutzen, um weitere Menschenrechtsverletzungen in Honduras zu verhindern.

Fédération Internationale des Ligues des Droits de l'Homme (FIDH)
Centro por la Justicia y el Derecho Internacional (CEJIL)
Iniciativa de Copenhaguen para Centroamérica y México (CIFCA)
FIAN Internacional
Federación de Derechos Humanos de España
Südwind - Österreich
IBIS - Dänemark
Instituto de Estudios Políticos sobre América Latina y África (IEPALA-Spanien)
Servicio Paz y Justicia (SERPAJ-Uruguay)
Solidarité Mondiale - Belgien
Plataforma Interamericana de Derechos Humanos Democracia y Desarrollo (PIDHDD)




Bericht der spanischen Nachrichtenagentur EFE


Veröffentlicht auf mehreren spanischsprachigen Internetseiten.
Rodas: lanzaron gases tóxicos israelíes, e identifican empresas

New York, EFE, 25.9.09

Heute Freitag wiederholte die Aussenministerin der Regierung von Manuel Zelaya, Patricia Rodas, die Anschuldigung, wonach die De-facto-Behörden von Honduras „Giftgase“ auf die Botschaft von Brasilien in Tegucigalpa geworfen haben […], und nannte die Namen der Unternehmen, die sie verkauft haben.

Mit Zelaya „loyale Quellen aus dem militärischen Geheimdienst haben uns die von den Unternehmen Alfacom und Intercom gelieferten Chemikalien und Belagerungswaffen filtriert“, sagte Rodas diesen Freitag an einer Pressekonferenz. Die honduranische Aussenministerin nimmt an der 64. Generalversammlung der UNO teil.[ …] Diese beiden Unternehmen haben ihren Sitz in Tegucigalpa und sollen dem israelischen Bürger Yehuda Leitner gehören, der als „Bindeglied zu Israel diente. Sie [die Waffen] kamen die letzten Tage an Bord eines privaten Fluges ins Land“. […]

Die Ministerin der abgesetzten Regierung führte aus: Der Spezialist für öffentliches Gesundheitswesen, Mauricio Castellanos, „nahm ausserhalb der brasilianischen Botschaft in Honduras Umweltproben, ungefähr 300 Meter vom Gebäude entfernt, da die Militärs den Zugang zur Botschaft blockiert hatten“.

Rodas zufolge benutzte der Spezialist eine von der Food and Drug Administration (FDA) der USA anerkannte Ausrüstung. Sie sagte, dass „die Resultate eine über der Norm liegende Konzentration von Ammoniak ergeben, das als Pfeffergas genutzt wird. Sie gab an, dass es dieser Analyse zufolge eine hohe Konzentration von Blausäure gebe […].

Weiter prangerte sie an, dass die sich in der Botschaft Aufhaltenden „Ziele chemischer Waffen sind, die aus Helikoptern und Flugzeugen oder auch von den Truppen geworfen werden, [und von] hoch entwickelten Apparaten für Schall- und elektromagnetische Wellen“, bei ihnen verschiedene Verwirrungen bewirkt haben.

Rodas drängte auf „eine internationale medizinische Mission der UNO“ und versicherte, ihr Land befinde sich in „einem irregulären Krieg“. […]

Die Aussenministerin verwies auch darauf, dass ihr Personen aus der brasilianischen Botschaft mitgeteilt haben, dass sie gesehen haben, wie „von einem Haus mit Erde beladene Lastwagen“ weggefahren seien. „Es sieht danach aus, dass sie einen Tunnel graben. Hoffen wir, dass es das ist und nicht, dass sie Bomben vergraben, wie sie das in der Vergangenheit auch schon gemacht haben“.

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ZAS-Kommentar
Es gehört zum Standardrepertoire, den Feind lächerlich zu machen. Das weiss die Washington Post, das weiss die NZZ. Die Post, für die Putschpräsident Micheletti Editorials schreiben darf, mokierte sich gestern in einem Editorial, dass nach einigen Tagen Unruhe nach Zelayas Rückkehr ins Land wieder „Normalität“ herrsche, was Zelaya zu „hysterischen Anschuldigungen“ führe, wonach er mit „Strahlung und toxischen Gasen von ‚israelischen Söldnern’ bombardiert werde“. Die NZZ lässt ihren Peter Gaupp wieder aus Costa Rica schreiben, wo der Mann früher schon mit geradezu phänomenaler Präzision die jeweils aktuelle Sichtweise des State Department zum „zentralamerikanischen „Hinterhof“ als objektive Information transportierte. Gaupp weiss so gewiss, dass nichts dran ist an dieser Sache mit Schall- und anderen Waffen, dass sich jedes Wort der Begründung erübrig. Er schreibt: Zelaya „fabuliert“.

Nun ist immer Vorsicht geboten bei solchen Themen. Man wird auch hellhörig, wenn es wieder mal israelische Agenten sind, die Böses tun. In der Bewegung in Honduras jagen sich viele Gerüchte. In einer derart angespannten, mit extremen Gefahren verbundenen Situation von "Asunahmezustand" und isolierender Ausgangsspere ist es selbstverständlich, dass es zu Gerüchten kommt. So wenig fundamentale Kritik an Israel per se antisemitisch ist, so wenig ist natürlich gesichert, dass sie es nie ist. Auch in der lateinamerikanischen Linken geistern antisemitische Dreckbilder herum. Unabhängig davon: Israelische, offizielle und „parallele“, Strukturen haben in Lateinamerika eine systematisch unheilvolle Geschichte, von der Unterstützung der argentinischen Gorillas über die guatemaltekischen Wehrdörfer bis zur Beteiligung an den kolumbianischen Paramilitärs. Dass israelische Unternehmen den Putschisten über die üblichen Geheimdienststrukturen „nicht-letale“ Waffen zur Massenkontrolle liefern, ist kein Ding von der anderen Seite des Mondes noch zwangsläufig einem antisemitischen Gehirn entsprungen. Um so weniger, als die israelische „Sicherheitsindustrie“ ohnehin stets mehr als ein ausgesourctes US-Unternehmen erscheint. Es wäre also geboten, sich um Fakten und genauere Informationen zu kümmern.