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von Christian Grundmann:
Europa
hat morgen einen dunklen Tag (Grexit?)! Ganz anders Venezuela, hier
herrscht Jubel und Freude, denn gestern wählten über 3 Millionen Anhänger der
sozialistischen Partei (PSUV) die Kandidaten für die
Nationalversammlung - 50% Frauen und 50% Abgeordnete unter 30 Jahren kommen
in das Parlament, die Asamblea Nacional
- das ist schon bemerkenswert in einem Land mit soviel Machismus, entsprechend
gross ist die Freude bei den Frauen! Die KandidatInnen sind
wochenlang im ganzen Land von Haus zu Haus gegangen und haben sich
vorgestellt. Die Opposition brachte nur eine kümmerliche halbe
Million Wähler an die Wahlurne - ihre Kandidaten sind ausnahmslos Leute
aus der Wirtschaft und der alten Garde der Politiker aus der Tradition von
COPEI und AD - keine Frauen, keine jungen Leute! Und in viele Wahlkreise
sind die gar nicht erst gegangen... Diese ranzige Opposition ist
wirklich am Ende, das sagen mir selbst die Leute aus der Opposition. Da
kommt dann schon einmal der Ruf nach den US-Marines..... es ist nicht zu
fassen! Selbst spanische Oppositionszeitungen und US Blätter
konnten heute die grosse Wahlbeteiligung der Chavisten nicht
ignorieren. Die Wahllokale blieben wegen des Andrangs statt bis 6 pm bis 8,dann
9 und schliesslich bis 10:30 pm geöffnet. Alles verlief in Ruhe und einer
tollen Stimmung. Die Chavisten, könnte man sagen, vertauschten gestern
die Lebensmittel Cola (Warteschlange,
Anstehen für Lebensmittel wegen des Wirtschaftskrieges - ja den haben wir
hier!) mit einer demokratischen Wahl-Cola!
Chavisten leiden ja genau so unter der Lebensmittelknappheit, aber rufen
deshalb nicht zu Widerstand und Gewalt auf - das ist der grosse Unterschied!
Am 6. 12., dem Tag der Parlamentswahlen, wird es
sicher einen Sieg für den Chavismus geben. Die Revolution ist tief in den Menschen
angekommen - das konnte man gestern wieder im TV erleben. Sie sind gut informiert und wissen auch genau, worauf
es ankommt, was auf dem Spiel steht: Sollte nämlich die Opposition die Mehrheit
bekommen,würden die Sozialprogramme abgeschafft
und die Privatisierung (Ölindustrie!) vorangetrieben.
Momentan gilt es die wirklich schwere Wirtschaftskrise zu überstehen und nicht in
Pessimismus zu verfallen,welchen die Opposition
den Menschen einzuhämmern versucht - allerdings mit immer weniger Erfolg. (Übrigens:
Niemand hungert in Venezuela – wie es wirklich manchmal bei Euch drüben heisst.)Alles in allem ist die Situation in Venezuela also nicht so trist, wie es die westliche Presse immer schreibt. Über die guten Dinge erfährt der Leser so gut wie nichts - passt ja auch nicht in die politische Linie der Zeitungen. Hinzu kommt, dass die progressiven Länder sich gegenseitig sehr unterstützen, was den Amerikanern natürlich gar nicht gefällt. Die USA stehen ziemlich isoliert da, sie gehen deshalb z.Zt. auf "Schmusekurs" (Treffen auf Haiti zwischen venezolanischen und amerikanischen Regierungsvertretern oder die Gespräche mit Kuba).
Was lässt mich in Venezuela positiv in die Zukunft sehen? Es ist auch der Venezolaner als Mensch: Freundlich, hilfsbereit, gar nicht ausländerfeindlich (!) etc - die Schattenseiten gibt es natürlich auch, muss ich ja jetzt nicht aufzählen. Politisch: Vorausgesetzt, er gehört nicht zur Miami Clique, ist er glühender Patriot und Revolutionär, für Deutsche nicht leicht zu verstehen, einer, der seine Lektion bei Simon Bolivar und Hugo Chávez gelernt hat - die beiden wussten schliesslich, was das Gebot der Stunde war und i s t!
Viele Grüsse aus einem Caracas in Feststimmung