Griechenland/EU: Ein Post von Varoufakis

Sonntag, 12. Juli 2015



(zas, 12.7.15) Es braucht viel schlechten Willen, um nicht zu erkennen, dass die Troika nicht nur die griechische Regierung, sondern auch „die Griechen“ für das Referendum fertig machen will. Selbst die bittere Pille, die das letzte „Angebot“ aus  Athen darstellt, ist dem deutschen Oberkommando nicht genug. Denn die Idee, dass es auch anders gehe als mit neoliberalem Terrordiktat, soll den Menschen aus Kopf und Seele geprügelt werden. Dies machte etwa der ehemalige belgische Premier Verhofstadt, heute Chef der liberalen Fraktion im Europaparlament, nach der Rede von Alexis Tsipras dort vor ein paar Tagen deutlich. Er schnauzte den griechischen Präsidenten an wie der Gutsherr den faulen Gärtner (und erhielt dafür das mediale Lob eines „konstruktiven“ Beitrags!). Die „Eliten“ sind auf Kriegsfuss.  Syriza muss sich am besten „freiwillig“ zu einem regime change in Griechenland bereit erklären (um „das Vertrauen wiederherstellen“), danach kommt Technisches wie ein Schuldenschnitt.
CDU-Fraktionschef Kauder hatte 2011 Recht, als er sagte: „Jetzt wird in Europa wieder Deutsch gesprochen.“  Bisher sind potenziell divergierende Kräfte auf Regierungsebene in der EU, vertreten durch Figuren wie wie Renzi oder Hollande, jeweils eingeknickt und haben so ihre untergeordnete Rolle im „neuen Europa“ zementiert.
Ob die Rechnung des in Deutschland zentrierten Oberkommandos für die nahe Zukunft aufgehen wird – Syriza kriecht zu Kreuz, in Griechenland kommt psychische Verelendung statt Hoffnung – ist wohl offen (seien wir vorsichtig beim medialen Siegesgeheul - es hält mit Unterbrüchen seit Februar an).  Was Syriza, was die Bewegung in Griechenland machen können, was nicht (und was falsch lief, was nicht), ist keine Frage abstrakten Wissens, sondern sollte Gegenstand sachlich fundierter Debatten sein – über Gemeinplätze hinaus.
Dass in Europa wieder Deutsch gesprochen wird, heisst natürlich auch, dass zu Griechenland für die Interessen von Frankfurt stringent gelogen werden muss, bis zum bitteren Ende. Ein Antidot dazu, was den üblichen Schuldendiskurs betrifft, ist der gestrige Beitrag von Yanis Varoufakis auf seinem Blog: Behind Germany’s refusal to grant Greece debt relief – Op-Ed in The Guardian. Er enthält ein paar erhellende Sätze zum „Schuldenspiel“ und hält fest, dass es beim deutschen Grexit-Willen nicht mehr um Griechenland gehe, sondern darum, Frankreich zu disziplinieren. Übersetzt: die gesamten europäischen Unterklassen.