Honduras-Ticker: Berta Cáceres über Militarisierung, Wahlfarce und Widerstand

Donnerstag, 19. November 2009


Ja, Compañera, wir sind wirklich enorm besorgt, denn wir wissen, dass eine Repressions- und Gewaltwelle gegen das honduranische Volk kommt. Es ist unglaublich, wie sich die Armeepräsenz in Tegucigalpa intensiviert und dezentralisiert und bis in unsere Departemente kommt.

Berta Cáceres

Berta Cáceres leitet den Zusammenschluss von indigenen und Campesinacomunidades COPINH, Mitglied der Widerstandsfront. Das Interview ist vorgestern von Liliana Daunes und Claudia Korol für das argentinische Internetradio La Rosa Blindada aufgenommen worden. Auszüge daraus:

Berta: Der Widerstand hat das honduranische Volk dazu aufgerufen, die Wahlen zu missachten und sie von den Basisorganisationen aus zu boykottieren. Dies wird in verschiedenen Teilen des Landes ausgeführt, mit je eigener Prägung. An jedem Ort entscheidet das Volk aufgrund seiner Fähigkeit und seiner Realität darüber, welche Aktion es mit welcher Strategie machen will. Aber ich will euch sagen, Compañeros und Compañeras, es gibt eine starke Repression. Es beunruhigt uns, dass man im Ausland kaum etwas davon hört. Wir haben eine völlige Militarisierung der Gesellschaft. Die tritt heute unverhüllt auf, zum Beispiel auch in meiner Region, wo ich bin, hier im Südwesten von Honduras, einer indigenen Lenca-Region. Hier ist es zu Besorgnis erregenden putschistischen Aktivitäten gekommen. Zum Beispiel die Versammlung von 800 rechtsextremen Reservisten, die praktisch ein Söldnerheer sein werden. Das war am Samstag.

Wir betonen, dass uns die Situation wirklich sehr besorgt. Sie haben Flugblätter verteilt, um zur Denunziation aufzurufen, um das Spitzeltum anzukurbeln, den Teil der Bevölkerung, der vielleicht mit ihnen sympathisiert, zum Denunzieren zu bringen.
(…)

Claudia: In dieser Situation zeigt sich auch, was für eine Farce die Verhandlungen waren. Wie es darum ging, mit Verhandlungen eine politische Lösung aufzuschieben. Und jetzt haben wir diesen Entschluss des honduranischen Parlaments, über die Wiedereinsetzung von Zelaya am 2. Dezember zu reden, nach den Wahlen. Der gesunde Menschenverstand und die Intelligenz werden hier aufs Korn genommen.
Berta: Natürlich, das war von Beginn weg mit den Gringos abgesprochen. Wir haben das als Organisation von Anfang gesagt, als dieses Abkommen von San Jose, Tegucigalpa oder Guaymura aufkam, wie es je nachdem genannt wird. Es ist klar, die Gringos haben darauf gesetzt und sie wollen die Putschphase mit Wahlen abschliessen, um das dabei herauskommende Regime zu legitimieren, das nur die Fortsetzung des Putschismus ist. Sie setzen alles darauf. Wir prangern an, dass diese Verhandlungen eine Falle waren. Deshalb haben wir in unserem Kampf dieses Manöver der USA standhaft kritisiert, das uns sehr gefährlich scheint. Es ist Teil einer kontinentalen Strategie, vom ersten Tag des Putsches an eine Putschtendenz im ganzen Kontinent einzuführen.

Wir haben auch gesehen, wie sie neben dem Staatsstreich die Militarisierung vorantreiben. Es ist kein Zufall, dass man während dieses Putsches um sieben Militärbasen in Kolumbien und zwei in Panama vorangetrieben hat. Es handelt sich um eine umfassende Destabilisierungsstrategie in Süd-, aber auch hier in Zentralamerika.
(…)

Ja, Compañera, wir sind wirklich enorm besorgt, denn wir wissen, dass eine Repressions- und Gewaltwelle gegen das honduranische Volk kommt. Es ist unglaublich, wie sich die Armeepräsenz in Tegucigalpa intensiviert und dezentralisiert und bis in unsere Departemente kommt. Wir wollen der Welt unsere Besorgnis mitteilen. Es ist nicht möglich, dass es hier zu Morden, zu Verbrechen kommt, und sie bleiben unbestraft. Das honduranische Volk richtet sich an die internationale Gemeinschaft, an die internationale Solidarität, damit ihr uns im Kampf begleitet. Wir brauchen, Compañeras, Compañeros, dass man uns hört. Die Strategie der Streitkräfte ist, das Volk zu töten, vor und während der Wahlen. Sie wollen das honduranische Volk terrorisieren. Uns mit dem Gewehr zur Beteiligung an dieser Wahlfarce zwingen. 

Das honduranische Volk wird weiterkämpfen. Wir werden hier nach 143 Tagen harten Widerstands, aber überwältigender Würde weitermachen. Trotz aller Drohungen, denen alle Führungskader und die AktivistInnen ausgesetzt sind. Wir kämpfen weiter und machen uns diese Parole zueigen: „Nos tienen miedo porque no tenemos miedo“ – Sie haben Angst vor uns, weil wir keine Angst haben.