(8.11.09) Bestimmt nur Zufall! Am 30. Oktober erinnerte sich die Medieninternationale des Landes Honduras. Mit gutem Grund: Hillary Clinton freute sich ob des US-gemanagten Durchbruchs bei der „Krise“ im Land, ein Blatt wie die NZZ verwies befriedigt darauf, dass ohne die „Gringos“ eben nichts laufe in Lateinamerika und der Chávez wieder mal sein Fett abbekommen habe. Denn der wohltuenderweise nur noch für Figurationszwecke vorgesehene Präsident Zelaya könne nun keine chavistischen Irrläufe mehr darbieten.
Am gleichen Tag verpasste die Scharfsinnbrigade nicht nur in der NZZ, sondern generell im Mainstream, ein anderes Ereignis. In Bogotá unterzeichneten der kolumbianische Aussenminister Jaime Bermúdez und William Brownfield, der Botschafter des Friedenbringers zu Washington, das im August ruchbar gewordene Abkommen über offiziell sieben neue US-Militärbasen im Land. In Südamerika sorgte das Vorhaben für einen beträchtlichen Aufruhr. Der kolumbianische Präsident Álvaro Uribe musste an einem Gipfeltreffen des südamerikanischen Staatenbundes Unasur antraben, wo er eine denkbar schlechte Figur machte.
Insbesondere die Base Palanquero hat es in sich. An der Unasur-Tagung las Hugo Chávez aus dem letzten März geschriebenen Paper „Global En Route Strategy“ des Air Mobility Command der US-Luftwaffe vor, welches u.a. die venezolanische Regierung ins Netz gestellt hat. (www.vtv.gov.ve/files/GlobalEnRouteStrategy.pdf). Er zitierte unter anderem die folgende Passage (Bericht aus der kolumbianischen Zeitung Semana vom 28. August 2009): „Der Einbezug von Südamerika in die globale Transitstrategie bringt zwei Resultate: die Strategie des regionalen Engagements umsetzen und bei den Mobilitätsrouten nach Afrika helfen … Mithilfe des AMC (Air Mobility Command) und des Transport Command hat das Südkommando dafür Palanquero mit der Luftwaffenbase Germán Olano als security cooperation location identifiziert. Von dieser Lokalität aus kann ungefähr die Hälfte des Kontinents mit einer C-17 [Kriegstransportflugzeug] ohne Auftanken abgedeckt werden. [Mit Luftbetankung] kann eine C-17 (ein gigantisches Flugzeug von Boeing) den ganzen Kontinent erreichen, mit Ausnahme von Cabo de Hornos am Zipfel von Chile. Während das Südkommando einen soliden Engagementplan für das Operationsgebiet ausarbeitet, sollte die Strategie, eine Kooperationslokalität in Palanquero einzurichten, für die Erlangung der Luftmobilität im südamerikanischen Kontinent ausreichen“.
Soweit aus dem Semana-Bericht. Die hypermodernen C-17-Transporter für Truppen und schweres Kriegsgerät, eingesetzt im Rahmen eines „regionalen Engagements“ und der US-„Luftmobilität im südamerikanischen Kontinent“ – Hilfsmittel im Kampf gegen den Drogenhandel? Quatsch, natürlich. Es war dann wieder das gehobene und für Indiskretionen aller Art rege benutzte Rechtsblatt Semana, das am 31. Oktober im Artikel „Yankees welcome“ aus dem Budgetantrag des Pentagons für das Fiskaljahr 2010 vom Mai 2009 zitierte. Das Papier, von Eva Golinger ins Netz gestellt, sagt zu Palanquero, die Base stelle eine „einzigartige Gelegenheit für Full spectrum-Militäroperationen in einer kritischen Subregion unserer Hemisphäre dar, wo Sicherheit und Stabilität von über den Drogenhandel finanzierten terroristischen Aufständischen, Anti-US-Regierungen, endemischer Armut und wiederholten Naturkatastrophen bedroht sind“ (S. 217). So viel zu den unablässigen Beteuerungen Washingtons und Bogotás, es handle sich bei den Basen um einzig gegen den kolumbianischen Drogenhandel und seine „terroristischen Hintermänner“ im Dschungel gerichtete Vorkehrungen.
An der Pressekonferenz des State Departments vom 4. November zur Pentagon-Aussage befragt, wusste Clintons Sprecher Ian Kelly einmal mehr von nichts. Als ihm Medienleute aus dem Budgetantrag des Pentagons vorlasen, meinte er: „Das klingt wie etwas, wozu Sie sich ans Pentagon wenden sollten. Ich weiss, dass wir ein Abkommen mit Kolumbien haben. Es verhilft uns zu keinerlei Sorte von Basen in Kolumbien. Es gibt uns die Gelegenheit, mit Kolumbien in einigen mit der Drogenbekämpfung und diesbezüglicher Interoperabilität zusammenhängenden Belangen zu kooperieren“. So klingt das im State Department, so klingt das im Mainstream.
Uribe hat mit Unterstützung der Obama-Administration das kolumbianische Parlament bei der Beschlussfassung für die Unterschrift unter das Abkommen aussen vor gelassen. Zwar sieht die Verfassung zwingend eine parlamentarische Entscheidung vor, doch verstehe man bitte die Macher, die sich nicht gerne in bürokratischen Hürdenläufen verlieren. Also deklarierte Uribe, das Abkommen sei von geringster Bedeutung, beinhalte lediglich ein paar technische Nachbesserungen zu bestehenden Verträgen und sei somit der Aufmerksamkeit eines Parlaments nicht würdig. Nun hält der Abkommenstext, wie er nachträglich veröffentlicht wurde, allerdings noch weitere Hämmer bereit. Fidel Castro sagt das so: „Jede halbwegs informierte Person versteht sofort, dass das verzuckerte ‚Abkommen über Kooperation und Technische Hilfe bei Verteidigung und Sicherheit zwischen den Regierungen von Kolumbien und den USA’ der Annektierung Kolumbiens durch die USA entspricht … Die Lektüre des Dokuments zeigt, dass nicht nur die kolumbianischen Luftwaffenbasen in die Hände der Yankees geraten, sondern auch die zivilen Flughäfen und tatsächlich jede für ihre Streitkräfte nützliche Einrichtung. Auch der Radioäther wird der Verfügung jenes Landes überlassen“. Die Immunität der US-Militärs oder ihrer Söldner (Vertragsnehmer) vor kolumbianischer Strafverfolgung Straffreiheit ist festgeschrieben. Fidel weist auch auf folgenden Abkommenspunkt hin: „Die Beschränkung des Totals der Anzahl Soldaten kann auf Verlangen der USA ohne jegliche Einschränkung modifiziert werden. Die Flugzeugträger oder Kriegsschiffe, die in den dafür vorgesehenen Marinestützpunkten einlaufen, können so viel Besatzung mitführen, wie sie benötigen. Das können auf einem einzigen Flugzeugträger mehrere Tausend sein“. (Vergleichbare Bedingunge kennen wir etwa von der US-Luftbase in El Salvador).
Die Mär von der Drogenbekämpfung kauft in Lateinamerika niemand ab. An einer Veranstaltung heute liess der brasilianische Präsident Lula seinen Amtskollegen Obama wissen: „Lieber Kollege Obama: Wir brauchen keine amerikanischen Basen in Kolumbien, um den Drogenhandel in Südamerika zu bekämpfen. Wir werden uns darum kümmern, den Drogenhandel an unseren Grenzen zu bekämpfen, und du solltest dich um deine Konsumenten kümmern. So steht es besser um die Welt“ (ABN, 8.11.09). Kein Spässchen, was Lula da sagt. Die linken Regierungen im Kontinent wissen sich im Visier Washingtons und versuchen, mit Gegenaufrüstung und stärkerer Integration der Gefährdung die Stirn zu bieten.
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Im so eben erschienen Heft Correos 159 haben wir mehrere Hintergrund- und Informationsartikel zum Versuch der USA abgedruckt, in Lateinamerika über eine Militarisierungsoffensive wieder Oberhand zu gewinnen.
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Kolumbien: US- Kriegsbasen gegen „Anti-US-Regierungen“
Sonntag, 8. November 2009
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Kolumbien,
Militarismus,
Venezuela