Newsletter November 09: Widersprüchliche Signale --- Direkte Solidarität mit Chiapas

Montag, 2. November 2009


1. November 2009
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Soli-Newsletter November 09
Direkte Solidarität mit Chiapas


Mexiko: Gloria Arenas und Jacobo Silva Nogales (ehemalige Anführer der Guerilla ERPI) nach 10 Jahren Haft frei

Die Freilassung ist Resultat einer juristischen Verteidigung mit vielen Hindernissen und des Drucks der solidarischen Öffentlichkeit. Während der Jahre der Haft denunzierten Familienangehörige immer wieder Regelwidrigkeiten im Prozess und die entwürdigende Behandlung, so u.a. die Schwester Jacobos letzten Mai in der Schweiz. Die Verteidigung führte am Schluss Jacobo Silva Nogales selber. Nachdem dem letzten Rekurs gegen die verfassungswidrigen Gefängnisstrafen stattgegeben wurde, hatte der mexikanische Staat zuerst die Freilassung verweigert. Nun wurde Jacobo in der Nacht vom 29.10. endlich aus dem Hochsicherheitsgefängnis Tepic in Nayarit entlassen, die Nacht zuvor kam seine Frau Gloria frei.

Gloria und ihr Ehemann Jacobo wurden im Oktober 1999 mit der Anschuldigung verhaftet, für den Tod eines Unbeteiligten im Kreuzfeuer zwischen dem EPR und der mexikanischen Armee im 1996 verantwortlich zu sein, was jedoch juristisch widerlegt werden konnte. Zur Verhaftung kam es aufgrund eines internen Verrats und beide wurden danach schwer gefoltert. Gloria und Jacobo definierten sich selber immer als Rebellen, bekannten sich zu ihrer frühere Zugehörigkeit zur Guerilla und bezeichneten sich selber als politische Gefangene. Sie sind heute in der von den Zapatistas initiierten anderen Kampagne organisiert.

Gloria äusserte in einem Interview nach ihrer Freilassung: “Ich bin nun bereit, als Teil der anderen Kampagne zum Widerstand beizutragen. Ich habe viele Ideen, nur weiss ich noch nicht, womit ich beginnen soll. Trotz allen Spaltungen und Verschiedenheiten bin ich überzeugt, dass die sozialen Bewegungen wachsen und an Gewicht gewinnen können. Ich werde für die Freilassung aller politischen Gefangenen im Land kämpfen.“


Weitere Infos auf Spanisch:
http://www.jornada.unam.mx/2009/10/30/index.php?section=politica&article=012n2pol
http://www.jornada.unam.mx/2009/10/30/index.php?section=politica&article=012n1pol



Mexiko: Konfrontationskurs der Regierung: Staatliche Stromgesellschaft LFC wird geschlossen. Hunderttausende protestieren dagegen


Es war kurz vor Mitternacht. Innerhalb weniger Minuten ließ die mexikanische Regierung am Samstag, 10. Oktober handstreichartig alle gut hundert Gebäude und Büros der staatseigenen Stromgesellschaft „Licht und Energie aus der Mitte“, LFC (Luz y Fuerza del Centro) durch Polizei und Militär besetzen. Kurz darauf gab Präsident Calderón in einem Dekret die Schliessung des Unternehmens bekannt. Mehr als 40'000 Menschen sind dadurch von einem Tag auf den anderen arbeitslos geworden.
Am 15. Oktober folgten 400'000 dem Aufruf der unabhängigen Gewerkschaft der Arbeiter und Angestellten der Stromversorger (SME) zu einem Protestmarsch gegen die Schließung. Die Gewerkschaft ruft zur Bildung einer gesamtmexikanischen Widerstandsfront auf, an der sich weitere Gewerkschaften und Gruppierungen beteiligen; es wurde von einem möglichen Generalstreik ab dem 5.November gesprochen. Nun hat aber am 31.10. die Richterin Guillermina Coutiño Mata einer Einsprache der Elektrizätsarbeitergewerkschaft SME gegen die Auflösung des Unternehmens stattgegeben. Mit diesem ersten juristischen Entscheid wird die geplante Vernichtung von Unternehmen und deren in einer kämpferischen Gewerkschaft organisierten Belegschaft für die Regierung noch schwieriger werden. Calderóns handstreichartige, repressive Art des Regierens gerät in weiten Teilen der Bevölkerung immer stärker in Misskredit.

Mehr dazu unter:
Fehdehandschuh aufgenommen - Massendemo zur Unterstützung mexikanischer Elektrizitätsarbeiter, von Gerold Schmidt, Mexiko-Stadt:
http://www.jungewelt.de/2009/10-17/016.php



Mexiko: Menschenrechtler leben gefährlich. UN fordern mehr Schutz vom Staat

Wer sich in Mexiko für die Grundrechte einsetzt, lebt gefährlich. Das hat am Dienstag das UN-Menschenrechtshochkommissariat (UNHCR) bestätigt. Wie aus einem neuen Bericht der Organisation hervorgeht, wurden im Zeitraum Januar 2006 bis August 2008 128 MenschenrechtlerInnen Zielscheibe von Gewalt.
Mehr dazu unter: http://www.jungewelt.de/2009/10-16/002.php



Oaxaca: Teilerfolg im Kampf gegen die Straflosigkeit: Oberster Gerichtshof erklärt Gouverneur Ulises Ruiz für schuldig

Das Verfassungsgericht erklärte den Gouverneur des Bundesstaates Oaxaca, Ulises Ruiz, für schuldig, während dem Volksaufstand in Oaxaca im Jahr 2006 seine Pflichten als Gouverneur vernachlässigt zu haben. So sei Ruiz seiner Pflicht, für Ordnung zu sorgen, nicht nachgekommen und habe dadurch die massive Ausbreitung des Konflikts in der Hauptstadt des Bundesstaats mitverschuldet. Die Unruhen im Bundesstaat Oaxaca begannen im Juni 2006, als die staatlichen Sicherheitskräfte massiv gegen einen von LehrerInnen initiierten Streik vorgingen. Gegen die Demonstrierenden wurden Polizei und Armeeeinheiten eingesetzt und es wurden dabei mindestens 12 Menschen umgebracht.
Das Urteil ist einseitig gegen die lokalen Machthaber gerichtet und macht die mexikanischen PAN-Regierungen nicht für die massiven Menschenrechtsverletzungen mitverantwortlich. Aber dennoch ist es ein wichtiger Schritt für die lokale widerständige Bevölkerung. Die Demos und Aktionen seit der Urteilsverkündung werden wieder massiv unterstützt, die Forderung nach einer umfassenden Aufarbeitung von 2006 sind hörbarer geworden. Auch tauchten Dokumente der US-Botschaft auf, welche darauf hinweisen, dass Ulises Ruiz sich „mit Hilfe von Söldnern an der Macht“ hielt, die Aktivisten ermordeten.

Urteil des Verfassungsgerichts: Gouverneur Ulises Ruiz trägt Mitschuld am Oaxaca–Konflikt
http://www.npla.de/poonal/producer/2009/2009-43-ger.shtml#MEXIKO

Ulises Ruiz “usó mercenarios para sostenerse”: EU
http://www.milenio.com/node/312716



Oaxaca: Online-Petition für getöteten Journalisten und Inhaftierten

Während auf politischer Ebene nun die Schuld von Ulises Ruiz bestätigt wurde, sitzt Juan Manuel noch immer als Bauernopfer für den Mord an Brad Will (vgl. Newsletter Oktober) in Haft. Am 16. Oktober, dem Jahrestag seiner Verhaftung, demonstrierten 5'000 Leute in einer Calenda für seine Freilassung. Am 27. Oktober 2009 jährte sich zum dritten Mal der Todestag des Indymedia-Aktivisten Brad Will. Unterzeichnet die Petition zur Unterstützung von Juan Manuel und für Gerechtigkeit im Fall Brad unter:
http://www.chiapas98.de/news.php?id=4863

Mehr Infos zur aktuellen Situation von Juan Manuel unter: http://www.medicointernational.ch/content/view/180/1/




Oaxaca: Dorfbewohner der Gemeinde Santo Domingo Ixcatlán gefährdet

Gemeinschaften, die ihr Land zu verteidigen versuchen und sich gegen die Interessen privater Investoren zur Wehr setzen, sehen sich oftmals Drohungen und Schikanen seitens der Behörden ausgesetzt, welche sich mit den Lokalpolitikern verbünden. Die für Übergriffe Verantwortlichen werden nur selten ermittelt und vor Gericht gebracht. Urgent Action:
http://www.chiapas98.de/ua.php?id=56



Chiapas: UNO-Büro nach illegalen Verhaftungen von Indigenen besetzt

Gegen die Bäuerinnen- und Bauernorganisation Emiliano Zapata (OCEZ Region Carranza) fand in den letzten Wochen eine regelrechte Hatz statt: Am 30. September wurde José Manuel Hernández Martínez, genannt Don Chema und Führungsperson der OCEZ, von Polizisten aus der Gemeinde 28 de Junio entführt (in der Gemeinde befand sich ein Friedenscamp mit internationalen BeobachterInnen). Nachdem der Aufenthaltsort von Don Chema anfangs unbekannt war, wurde Anfang Oktober informiert, dass er sich im Gefängnis El Amate in Chiapas aufhielt. Am 16. Oktober wurde er in ein Hochsicherheitsgefängnis im Staat Nayarit gebracht, 2000 km von Chiapas entfernt.
Am 17. Oktober kamen Polizeibeamte in zwei weitere, von der OCEZ gegründete Dörfer und schüchterten die Leute unter dem Vorwand ein, Drogen zu suchen. Letzten Samstag, 24. Oktober, drangen Hunderte von Polizisten und Soldaten in jene Gemeinden der Region Carranza ein, die der OCEZ angehören und nahmen die beiden OCEZ-Mitglieder Roselio de la Cruz González und José Manuel de la Torre Hernández fest. Diese wurden daraufhin nach Angaben ihres Anwalts gefoltert und zur Unterzeichnung eines ungelesenen Dokuments gezwungen (Infos von: http://www.peacewatch.ch).
In der Presse versuchen die Behörden, die Indigenas mit Entführungen, Drogenhandel und einem Waffenlager in Verbindung zu bringen, was die narconews-Journalistin Kristin Bricker detailliert als hahnebücherne Lügen entlarvt.
In ihrer Verzweiflung über die Verhaftungen haben 18 Mitglieder der OCEZ in San Cristobal das Büro der UNO-Entwicklungsorganisation besetzt, sie fordern ein Ende der Repression und die Freilassung ihrer Gesinnungsgenossen und hoffen, dass die UNO-Beamten als Vermittler dienen.

Chiapas Government Tries to Pin Narco Arselan on Peasant Leader
http://narcosphere.narconews.com/notebook/kristin-bricker/2009/10/chiapas-government-tries-pin-narco-arsenal-peasant-leader

Entregará OCEZ pliego petitorio a representantes de la ONU
http://www.jornada.unam.mx/2009/11/01/index.php?section=estados&article=028n1est



Andere Kampagne: Unterstützung der Inhaftierten in Campeche

Aktion zur Freilassung der inhaftierten Aktivisten gegen die hohen Stromtarife unter:
http://www.chiapas98.de/news.php?id=4855



Veranstaltungen und Demos


Festival de los Espejos, Volkshaus, Zürich, 5. - 7. Nov. 2009 http://www.rebelarte.ch
5. 11., 18.30 Uhr: ALBA und der Militärputsch in Honduras: Infoveranstaltung und Diskussion
6. 11., 18.30 Uhr: Documentales: Culturas, cosmovisiones y actualidad social de Latinoamerica
7. 11., 18 Uhr: Artes escenicas


Cementerio de Papel, Film und Infoveranstaltung mit einer Zeitzeugin zum Massaker von Tlatelolco, Mexiko Stadt, 1968. Reitschule in Bern, 18. Nov., 20 Uhr.
Veranstaltungsflyer: http://ch.indymedia.org/media/2009/10//71964.pdf


Honduras-Demo: Bern, Sa. 21. Nov. 2009, 13.30 Uhr, Besammlung Hirschengraben
Die Demo solidarisiert sich mit dem Widerstand in Honduras und verlangt von Bern, die Fortsetzung des Putschregimes nicht durch die Hintertür anzuerkennen.
Näheres auch zur unklaren Situation in Honduras unter:
http://zas-correos.blogspot.com/


Demo-Stopp-WTO: Genf, Sa. 28. Nov. 09, 14 Uhr, Place Neuve
Aktionstage: 30. 11. - 2. 12. 09 http://www.anti-wto.ch/