Wehrhafte Wahlen
(15.11.09) Was sagte doch vor zwei Tagen der holländische Präsident der Liberalen Internationalen, zu Besuch beim De-facto-Präsidenten in Honduras, von eben diesem Putschisten? „Wir [die Liberale Internationale] glauben, dass er den Liberalismus von Zentralamerika der Welt näher bringen … kann“. Eine interessante Aussage.
Im Putschblatt El Heraldo lese ich den Artikel „Segundo simulacro arroja resultados positivos“. Gepostet wurde er am 14.11.09, um 9:20 pm. Ich erfahre, dass die Probe des Wahlgerichts für die Auszählung der Resultate blendend verlaufen und die Transparenz des Demokratiefestes vom 29. November mehr als nur gewährt sei. Angereichert wurde das Ganze mit Details über die beteiligten Magistraten, bei der Simulation verwendete Namen u.ä. Nach einer Weile kommt das Putschblatt La Prensa an die Reihe, hier der Artikel „Sin dudas transmisión de resultados electorales“. Gepostet ebenfalls am 11.11., aber um 9:27 pm. Überwältigendes Déjá-vu. Es handelte sich um den fast hundertprozentig gleichen Artikel wie im Heraldo. Eine oder zwei Passagen waren hier gestrichen, ein oder zweimal gab es eine grosse Abwechslung wie folgende. La Prensa schreibt: „En el Marriott se instalarán los medios de comunicación“; der Heraldo improvisiert: „Será en el Marriott donde se instalarán los medios de comunicación“ („Im Marriott werden sich die Medien installieren“ versus „Es wird das Marriott sein, wo sich die Medien installieren werden“). Ansonsten der tupfengleiche Artikel, auch bezüglich der Folge der Absätze. Aber jeweils als redaktioneller Beitrag ausgewiesen. Zu Kriegszeiten druckten in El Salvador alle Zeitungen die Mitteilungen des Presseamtes der Armee unweigerlich am nächsten Tag ab, tel quel samt Schreibfehler, vom jeweiligen Redakteur als Eigenbeitrag firmiert.
Choloma ist eine der bevölkerungsreichsten Gemeinden in Honduras. Sie liegt in der riesigen Maquilazone im nördlichen Departement Cortés. Und sie ist ein Zentrum des Widerstandes gegen die Putschwahlen. Also wurde die Schule im Quartier López Arellano am letzten Donnerstag von Spezialeinheiten der Polizei und der Armee besetzt. Die Uniformierten hatten den Verdacht, dass hier die Verursacher mehrerer merkwürdiger Bombenanschläge der letzten Tage in Tegucigalpa, die bisher nur geringen Sachschaden angerichtet haben (der letzte in der Nacht auf heute), zu finden seien. Die liessen sich zwar noch nicht finden, doch immerhin an die hundert „Miguelitos“, so ein Staatsanwalt. Das sind aneinander geschweisste Nägel, ideal, um auf Strassen Autopneus zu beschädigen. Der Strafverfolger wusste: damit sollte die Auslieferung der Wahlunterlagen verunmöglicht werden. Die Schulverwaltung wies darauf hin, dass die Nägel auf der Schulmauer als Schutz gegen Einbrecher hätten einzementiert werden sollen. Der Schuldirektor ist ein bekanntes Mitglied des örtlichen Widerstandes. Er sagt: „Wie kommen sie darauf, dass wir die Wahlen mit einem Nagel boykottieren werden? Mein Wahlboykott wird darin bestehen, dass ich nicht wählen werde, dass ich mich wie Millionen von Personen an diesem Wahlzirkus nicht beteilige“. Warum wohl das De-facto-Regime den Begriff der „elecciones blindadas“, der „wehrhaften Wahlen“, benutzt?